Gewerkschaften im Gespräch mit Bundesverkehrsministerium

Bundesfernstraßenreform: Vertrauen nicht verspielen

Vor einem Hauruckverfahren bei der Bundesfernstraßenreform haben die zuständigen dbb Gewerkschaften anlässlich eines Gesprächs im Bundesverkehrsministerium erneut gewarnt.

„Gründlichkeit muss vor Schnelligkeit gehen“, mahnte der stellvertretende dbb Bundesvorsitzende und Fachvorstand Tarifpolitik Volker Geyer im „Handelsblatt“ (Ausgabe vom 16. Juli 2018). Derzeit herrsche „große Verunsicherung“ unter den Beschäftigten, weil vieles unklar sei, stellte Geyer fest. „Damit könnte der ehrgeizige Zeitplan, ab 2021 arbeitsfähig zu sein, in Gefahr geraten.“ Schon im August 2017 hatten die Gewerkschaften den Bund vergeblich zu Tarifverhandlungen aufgerufen, denn: „Die Materie ist denkbar komplex“, betonte Geyer. So seien 16 einzelne Landesregelungen mit denen des Bundes unter einen Hut zu bringen. Nicht nur über Tarifvertrag und Entgelttabellen müsse verhandelt werden, sondern auch über einen Manteltarifvertrag, der Arbeitszeit und Zuschläge regelt, sowie einen Zuordnungstarifvertrag, der die Betriebszugehörigkeiten der Außenstellen organisiert.

Bei einem Spitzentreffen am 13. Juli 2018 mit Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer in Berlin hatte der dbb zum wiederholten Mal deutlich gemacht, dass man eine echte Beteiligung der Beschäftigten, ihrer Gewerkschaften und der Betriebs- bzw. Personalräte erwarte. „Nur so können wir sichergehen, dass das so wichtige Vertrauen in diese Operation am offenen Herzen der bundesweiten Verkehrsinfrastruktur nicht verspielt wird“, sagte Andreas Hemsing, stellvertretender Vorsitzender der dbb Bundestarifkommission und komba Bundesvorsitzender, am Rande des Gesprächs. Bis Jahresende müssen die Straßenbeschäftigten entscheiden, ob sie ihrem Bundesland treu bleiben oder zum Bund gehen. Eine wichtige Rolle spielt in diesem Zusammenhang auch das Standortkonzept des Bundes, das nach dem aktuellen Stand beispielsweise keine Niederlassung in Hessen vorsieht – sehr zum Unmut der dortigen Landesregierung und der Straßenbeschäftigten vor Ort, denen so keine Perspektive geboten wird. Hermann-Josef Siebigteroth, ebenfalls stellvertretender Vorsitzender der dbb Bundestarifkommission und VDStra.-Bundesvorsitzender, bemängelte, dass „auch für den künftigen Umgang mit den Beschäftigten im Fall von ÖPP-Maßnahmen auf Bundesautobahnen trotz mehrfacher Aufforderung unsererseits noch immer kein Konzept vorliegt“. Bislang wurden die betroffenen Beschäftigten der Straßenmeistereien, deren Autobahn-Abschnitt von einem privaten Betreiber übernommen wurde, im Straßenmeisterei-Basisnetz der Länder sozialverträglich verteilt. Wie die Lösung hier nach der Bundesfernstraßenreform aussehen soll, wurde „noch nicht mal diskutiert“, ärgerte sich Siebigteroth.

Die Tarifverhandlungen für die bis zu 15.000 Mitarbeiter der künftigen Infrastrukturgesellschaft beginnen am Donnerstag, 19. Juli 2018, in Berlin, das Bundesverkehrsministerium vertritt die Arbeitgeberseite.

Hintergrund

Spätestens ab 2021 liegt die Auftragsverwaltung für die Bundesautobahnen nicht länger in den Händen der Länder. Die Aufgabe übernehmen dann das neu zu gründende Fernstraßen-Bundesamt sowie eine ebenfalls neu aufzubauende Infrastrukturgesellschaft. Bis zum 1. Januar 2019 müssen die betroffenen Beschäftigten aus den Landesbetrieben Straßen eigentlich ihre Bereitschaft zum Wechsel in die neuen Organisationseinheiten erklären, aber bislang sind zahlreiche tarifpolitische, strukturelle und organisatorische Fragen offen. Der dbb begleitet die Entwicklung und fordert gemeinsam mit seinen Fachgewerkschaften BTB, DVG, komba und VDStra. immer wieder eine stärkere Einbindung der Beschäftigtenvertretungen.

 

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