Bundesverfassungsgericht: Bund durfte Betreuungsgeld nicht einführen

Das Bundesverfassungsgericht hat am 21. Juli sein mit Spannung erwartetes Urteil zum Betreuungsgeld verkündet. Es hat festgestellt, dass der Bund nicht die Gesetzgebungskompetenz besaß, um das Betreuungsgeld bundesweit einzuführen. Damit sind die §§ 4a bis 4d des Bundeselterngeldgesetzes, die den Anspruch auf das Betreuungsgeld begründen, nichtig.

Helene Wildfeuer, Vorsitzende der dbb bundesfrauenvertretung, stellte fest: „Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts sagt eindeutig, dass die entsprechenden gesetzlichen Regelungen zum Betreuungsgeld nichtig sind. Dabei hat das Gericht aber nicht über den Sinn und Zweck das Betreuungsgeldes entschieden, sondern nur darüber, ob der Bund überhaupt dieses Gesetz einführen durfte. Für die Eltern, die jetzt gerade ihre Kleinkinder zu Hause betreuen, stellt sich nun die Frage, wie es weitergeht. Normalerweise bleiben Bescheide, mit denen der Staat eine Leistung zusagt, in Kraft, auch wenn das zu Grunde liegende Gesetz nichtig ist. Wir fordern jetzt eine schnelle Klarstellung, damit die betroffenen Eltern, die sich ja ganz bewusst entschieden haben, für ihr Kind keinen öffentlich geförderten Kitaplatz in Anspruch zu nehmen, wieder Planungssicherheit haben.“

Gegen das Betreuungsgeld hatte die Hansestadt Hamburg mit der Begründung geklagt, der Bund dürfe nur dann ein solches Gesetz erlassen, wenn dieses gemäß Artikel 74 Abs. 1. Nr. 7 des Grundgesetzes zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse in Deutschland diene und das sei beim Betreuungsgeld nicht der Fall. Dem ist das Bundesverfassungsgericht mit seinem Urteil gefolgt.

Die dbb bundesfrauenvertretung stand der Einführung des Betreuungsgeldes auch aus inhaltlichen Gründen kritisch gegenüber. Helene Wildfeuer: „Uns geht es um eine echte Wahlfreiheit für junge Familien, die selbst entscheiden sollen, ob sie ihre Kinder zu Hause oder in der Kita betreuen lassen. Dazu hat das Betreuungsgeld nichts beigetragen, denn dazu braucht es für die Eltern bezahlbare, gut ausgestattete Kindertagesstätten mit qualifizierten Erzieherinnen und Erziehern. Erst wenn diese im ganzen Bundesgebiet verfügbar sind, kann von echter Wahlfreiheit überhaupt die Rede sein.“ Helene Wildfeuer gab weiterhin zu bedenken, dass allerdings für Alleinerziehende aus wirtschaftlichen Überlegungen das Betreuungsgeld oftmals sowieso nicht in Frage kam, weil sie es sich schlichtweg nicht leisten konnten, länger aus dem Beruf auszuscheiden.

Die dbb bundesfrauenvertretung setzt sich neben einer qualifizierten Kinderbetreuung auch seit langem für die steuerliche Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten als Werbungskosten bzw. als Betriebsausgaben einhergehend mit einer bessern Anerkennung von Kindererziehungszeiten in der Alterssicherung ein. Helene Wildfeuer: „Statt eines Betreuungsgeldes, das auch arbeitsmarktpolitisch kritisch zu sehen ist, wäre es sinnvoller, wenn die Erziehung von Kindern insgesamt neu bewertet würde. Zum Beispiel durch ein familiengerechtes Steuerrecht und einer angemessenen Würdigung von Erziehungsleistungen in der Alterssicherung.“

 

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