Bericht des Normenkontrollrates

Digitale Verwaltung: „Deutschland tritt auf der Stelle“

Der Normenkontrollrat hat den vierten „Monitor Digitale Verwaltung“ vorgelegt. „Der Bericht versucht Optimismus zu verbreiten. Doch aus unserer Sicht tritt Deutschland bei der Digitalisierung staatlicher Leistungen schon viel zu lange auf der Stelle. Gerade im Bereich des Personals passiert schlicht zu wenig“, sagte dbb Chef Ulrich Silberbach am 9. September 2020.

Gerade im europäischen Vergleich zeige sich, dass Deutschland endlich aufs Tempo drücken müsse. Beim Digital-Index der EU (DESI) liege die Bundesrepublik gerade noch hinteren Mittelfeld, obwohl gegenüber dem Vorjahr sogar wieder einige Plätze gut gemacht werden konnten. „Natürlich steht Deutschland hier schon aufgrund seiner Größe und föderalen Struktur vor ganz anderen Problemen als beispielsweise die baltischen Staaten. Aber das darf nicht länger als Ausrede gelten“, sagte der dbb Bundesvorsitzende. „Dass selbst der Normenkontrollrat festhält, dass er die Umsetzung zentraler Vorhaben wie des Onlinezugangsgesetz (OZG) aufgrund mangelnder Transparenz nicht wirklich bewerten kann, lässt uns allerdings nicht auf schnelle Besserung hoffen. Wir wären zum jetzigen Zeitpunkt schon froh, wenn die im nächsten Jahr anstehende Bundestagswahl und der damit verbundene Wahlkampf hier nicht noch mehr Sand ins Getriebe streuen.“

Der Bericht des Normenkontrollrates (NKR) konstatiert, dass die Corona-Pandemie – wie etwa auch die kurzfristige Aufnahme von Geflüchteten im Jahr 2015 – erneut Defizite in der digitalen Grundausstattung deutscher Behörden aufgezeigt habe. Trotzdem sei das Land „gedanklich vier Jahre weiter“ und es falle leichter, „das Digitale zum neuen Normal zu erklären“. Dazu sagte Silberbach: „Das ist grundsätzlich richtig. Unsere Bewertung fällt trotzdem weniger wohlwollend aus. Der NKR schaut naturgemäß vor allem auf die Gesetzgebung. Als Gewerkschaft schauen wir vor allem auf die Praxis und die Kolleginnen und Kollegen. Und da müssen wir festhalten: Der Staat muss sich mit Blick auf die Digitalisierung endlich auch als Arbeitgeber neu aufstellen. Fachkräftegewinnung verbessern, Aus- und Fortbildung verstärken, Beamten- und Tarifrecht erneuern, Mitbestimmungsrecht in die Zeit stellen… die To-Do-Liste ist lang. Und bisher hat zum Beispiel nur der Bund als einzige Gebietskörperschaft mit uns Gespräche über einen ‚Tarifvertrag Digitalisierung‘ aufgenommen. Dabei ist doch längst allen klar, dass in diesem Erneuerungsprozess die Beschäftigten mitgenommen werden müssen.“

 

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