dbb forum ÖFFENTLICHER DIENST

Digitalisierung: Öffentlicher Dienst braucht „Versuchslabore“

Angesichts der Herausforderungen durch die Digitalisierung des öffentlichen Dienstes verlangt dbb Chef Ulrich Silberbach mehr Mut zu unkonventionellen Lösungen.

Schon das Onlinezugangsgesetz (OZG), das Bund, Länder und Kommunen verpflichtet, bis 2022 ihre Dienstleistungen auch elektronisch über Verwaltungsportale anzubieten, zeige die Komplexität des Unterfangens. „Nun kann man sagen: so ist das staatliche Gefüge in Deutschland, alle Ebenen müssen mitgenommen werden“, sagte Silberbach beim dbb forum ÖFFENTLICHER DIENST am 18. Juni 2019 in Berlin. „Trotzdem stellt sich die Frage: Wie sollen Bürgerinnen und Bürger begreifen, was hier passiert? Welche Zuständigkeit an welcher Stelle für welche Aufgabe gegeben ist?  Das können sie nicht verstehen – und ganz ehrlich: das müssen sie auch nicht.“ Hier müsse der Staat neue Wege gehen und dürfe sich nicht hinter eingefahrenen Strukturen verstecken. „Wenn wir konstatieren, dass staatliches Handeln sich nachhaltig verändert und der Staat vermehrt als Dienstleister wahrgenommen wird, können wir auch über neue Infrastrukturen nachdenken“, so der dbb Chef.

Denkbar, so Silberbach weiter, seien auch Ideenwerkstätten und Experimentierräume, in denen „Verwaltung, Bürgerinnen und Bürger, Wissenschaft und Startups gemeinsam an der digitalen Zukunft arbeiten“. Wichtig sei dabei aber, dass die so entwickelten Lösungen dann auch wirklich flächendeckend umgesetzt würden. „Versuchslabore können neue Impulse setzen – weitere Insellösungen, wie wir sie bisher bei der Digitalisierung der Verwaltung so oft kennengelernt haben, müssen dagegen unbedingt vermieden werden“, machte der dbb Bundesvorsitzende deutlich.

„Für uns ist klar: Der öffentliche Dienst in Deutschland kann Vorreiter für eine moderne, digitale Verwaltung sein. Dafür müssen aber Strukturen und Zuständigkeiten geklärt werden“, so Silberbach. „Wir brauchen einen klaren Fahrplan, der die Beschäftigten mitnimmt – nicht nur im Hinblick auf ihre Sorgen. Sondern auch und gerade mit einem Ohr für ihre Expertise und ihre Ideen. Und dem Versprechen, dass wir mittels Qualifizierung eine gute Perspektive schaffen. Für die Kolleginnen und Kollegen ebenso wie für die Bürgerinnen und Bürger.“

Bereits zur Eröffnung des 4. dbb forums ÖFFENTLICHER DIENST mit dem Titel „Digitalisierungseuphorie oder KI-Wahnsinn?“ hatte der Zweite Vorsitzende und Fachvorstand Beamtenpolitik des dbb Friedhelm Schäfer die anstehenden Herausforderung skizziert: „Mit der Digitalisierung aller gesellschaftlichen Bereiche steht die öffentliche Hand unter Zugzwang: dem steigenden Anspruch der Bevölkerung nach einfachen, schnellen und praktikablen Möglichkeiten muss der Staat durch neue Verfahren und mobile Online-Lösungen gerecht werden. Der Staat muss nicht nur für praktikable Lösungen sorgen, er muss den eingeleiteten Prozess und daraus resultierende Veränderungsnotwendigkeiten auch umfänglich den Bürgerinnen und Bürgern und damit den Nutzerinnen und Nutzern seines Angebots erklären. Der Staat muss über diese Transparenz verlorengegangenes Vertrauen zurückgewinnen. Nur so wird es ihm gelingen, für diesen Prozess zunehmend Akzeptanz zu erlangen.“

 

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