Hasse: Mehr Mut für soziale Ziele in Europa

„Die soziale Frage entscheidet Europas Zukunft“, sagte Siglinde Hasse, die Vizepräsidentin der CESI-Kommission für Beschäftigung und Soziale Angelegenheiten (SOC), am 9. Mai 2017. Gerade die Präsidentschaftswahl in Frankreich habe gezeigt, dass „der tiefe Riss, der durch die Gesellschaft Frankreichs, aber auch die vieler anderer EU-Staaten geht, im Wesentlichen zwischen Arm und Reich, zwischen Teilhabenden und Ausgeschlossenen verläuft“. Hasse unterstützt des-halb die europäische Säule sozialer Rechte, mit der die Europäische

Kommission die soziale Dimension Europas stärken will. Das Reflexionspapier der Kommission zur sozialen Dimension Europas greife allerdings zu kurz.

 

Die klaren Aussagen der Kommission zur bestehenden Aufgabenverteilung zwischen der EU und ihren Mitgliedstaaten seien grundsätzlich zu begrüßen. Gemeinsame europäische Ziele in der Beschäftigungs- und Sozialpolitik seien aber notwendig. „Arbeitsmarktpolitik und die Systeme der sozialen Sicherheit werden in den Mitgliedstaaten verantwortet und gestaltet. Auf europäischer Ebene können aber gemeinsame Zielsetzungen positiv in die verschiedenen nationalen Arbeitsmarktordnungen und Sozialsysteme hineinwirken.“ Die Zusammenfassung aller europäischen Normen könne dabei helfen, dass Mitgliedstaaten und Arbeitgeber bestehende Pflichten besser achten und die Beschäftigten ihre Rechte auch effektiv wahrnehmen. Das gelte besonders für den Arbeits- und Gesundheitsschutz, beispielsweise aber auch für Fragen der Chancengleichheit. Gemeinsame Ziele etwa in Bezug auf faire Arbeitsbedingungen oder nachhaltige, leistungsstarke Sozialschutzsysteme seien hilfreich, um die Lebensbedingungen in der EU, vor allem in der Wirtschafts- und Währungsunion, weiter anzunähern. „Es ist in den vergangenen Wochen und Monaten zurecht von einer sozialen Spaltung Europas gesprochen worden. Diese zu überwinden, muss absolute Priorität haben“, so Hasse.

Über das parallel zur europäischen Säule der sozialen Rechte veröffentlichte Reflexionspapier zur sozialen Dimension Europas zeigt sich Hasse enttäuscht. „Das Reflexionspapier umreißt sehr oberflächlich Szenarien, die auch ein Weniger an europäischer Zusammenarbeit in Aussicht stellen.“ Das entspreche zwar dem Weißbuch zur Zukunft Europas, führe aber auf einen falschen Weg. „Wenn sich in vielen EU-Staaten große Teile der Bevölkerung von der EU abwenden, dann doch vor allem deshalb, weil sie frustriert sind über das fehlende soziale Profil der europäischen Einigung.“ Die Menschen setzten die EU mit den gesellschaftlichen Negativfolgen der Globalisierung gleich. Auf diese Fehlentwicklung müsse eine Antwort gegeben werden. Das Reflexionspapier reiche dazu nicht aus. „Die Menschen wollen einerseits ihre soziale Identität bewahren, legitimerweise an ihnen Vertrautem festhalten. Gleichzeitig wünschen sie sich Arbeit, soziale Sicherheit und weniger große Ungleichheit. Sie machen Europa mitverantwortlich, wenn das nicht gelingt. Wenn Binnenmarkt und Euro nicht für Wohlstand und ein Mindestmaß an sozialer Gerechtigkeit stehen, lehnen die Menschen beides ab und damit die EU insgesamt.“

 

 

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