Fast täglich erreichen die Öffentlichkeit Meldungen über neue Aufgriffe von Rauschgift in Rekordmengen, der Tonnenbereich ist mittlerweile keine Ausnahme mehr.
Im Zehn-Jahres-Zeitraum ist laut einem EU-Bericht bei Kokain sogar eine Steigerung der aufgegriffenen Menge um 416 Prozent zu verzeichnen. Aktuelle Studien belegen die zunehmende Verlagerung der Schmuggelrouten nach Deutschland, komplexere Vertriebswege und die Infiltration der deutschen Häfen.
Der BDZ wiederholt seinen Appell: „Die beispiellose Kokainschwemme, die wir an den Nordseehäfen sehen, muss ein Weckruf sein. Die Politik muss bei der Ausstattung des Zolls aufrüsten und beispielsweise die Röntgenanlagen stärker zum Einsatz bringen,“ so der Bundesvorsitzende Thomas Liebel. Der BDZ warnt seit Jahren vor der Dynamik durch sprunghafte Zunahme des Kokainschmuggels.
Eine von Europol bereits im April 2023 veröffentlichte Studie, an deren Erstellung auch das Zollfahndungsamt Hamburg mitgewirkt hat, hatte genauer aufgezeigt, welche Schlüsselrolle den sogenannten Hafeninnentätern beim Organisieren der illegalen Einfuhr und Verbringung der Ware zukommt. Durch das Hacken von Datenbanken der Reedereien, Terminalbetreiber und Hafenbehörden verschaffen sich die kriminellen Banden Zugriff auf die Container, die das Schmuggelgut aus Übersee enthalten. Nachdem die Banden mit PIN-Codes die genauen Standorte der Container digital ausgelesen haben, werden diese auf unterschiedliche Weise abgefangen. Teilweise werden sie bereits von den Verladeplätzen aus der Logistikkette „abgezweigt“, teilweise werden die Fahrer der Transportunternehmen direkt angegangen, bestochen oder bedroht.
Für den Hamburger Zollfahnder Niels Hennig, der beim BDZ den Fachausschuss Sicherheitsaufgaben leitet, ist klar: „Wir müssen gegensteuern, bevor sich niederländische Verhältnisse an unseren Seehäfen einstellen und Kriminelle freie Hand im Hafengebiet haben. Eine langfristige Antwort auf die gefährlichen Entwicklungen kann nur in der engeren Kooperation aller Strafverfolgungsbehörden mit den Hafenbetreibern liegen.“ Jedoch sei eine Gesamtstrategie zur Hafensicherheit auf politischer Ebene aktuell nicht zu erkennen. Dazu kommentiert der stellvertretende BDZ Bundesvorsitzende Christian Beisch: „Die gelegentlich aus den Reihen der Politik zu hörende Idee, der Zoll möge doch einfach im Hafengebiet präventiv Streife fahren, ist nicht nur realitätsfern, sondern entspricht auch nicht dem gesetzlichen Auftrag. Der Zoll muss in der Warenabfertigung eine hohe Kontrolldichte gewährleisten können und die Polizei muss ihrerseits für eine effektive Gefahrenabwehr sorgen. Auf das Zusammenspiel kommt es an.“
Dabei sollte selbstverständlich sein, dass an den nötigen Führungs- und Einsatzmitteln für die Sicherheit der Vollzugskräfte wie beispielsweise Schutzwesten nicht gespart werden kann, so die BDZ Vertreter. Zeitgemäße technische Ausstattung müsste außerdem den Zugriff auf verschlüsselte Smartphones, mobil durchführbare Datenbankabfragen und Investitionen in bessere Röntgenanlagen umfassen. Moderne Ermittlungen finden zudem im Cyber-Raum statt, wo auch die Täter kommunizieren. Deshalb sind Bearbeitungsrückstände in der digitalen Forensik, d.h. der Auswertung beschlagnahmter IT-Technik der Täter, nicht hinnehmbar.