Urteil des Bundesarbeitsgerichts
Angriff auf den Kündigungsschutz für Menschen mit Behinderung
Das Bundesarbeitsgericht hat sich am 16. Mai 2019 mit dem besonderen Kündigungsschutz von schwerbehinderten Menschen beschäftigt. Für dbb Vize Kirsten Lühmann weist das Urteil jedoch in die falsche Richtung.
Konkret ging es in dem Fall um einen Schwerbehinderten, dessen Arbeitgeber ihn aufgrund einer Umstrukturierung wegen Insolvenz betriebsbedingt gekündigt hatte. Fraglich war, ob einer betriebsbedingten Kündigung der besondere Kündigungsschutz und der damit verbundene Beschäftigungsanspruch für Menschen mit Behinderung entgegensteht.
Das Bundesarbeitsgericht hat dies in seiner Entscheidung verneint. Der Beschäftigungsanspruch gelte nur, wenn eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit besteht. Im konkreten Fall sei der Arbeitsplatz aber wegen einer Umstrukturierung weggefallen. Der Arbeitgeber sei dann nicht verpflichtet, „für den Kläger einen Arbeitsplatz zu schaffen oder zu erhalten, den er nach dem Organisationskonzept nicht mehr benötige“.
Lühmann zum Urteil: „Seit Jahren kritisieren wir, dass die Inklusion von Menschen mit Behinderungen auf dem regulären Arbeitsmarkt stark zu wünschen übrig lässt. Der dbb fordert eine deutliche Anhebung der Beschäftigungspflichtquote und der Ausgleichsabgabe. Das aktuelle Urteil weist genau in die entgegengesetzte Richtung: Umstrukturierungen bieten Arbeitgebern künftig die Möglichkeit, schwerbehinderte Kolleginnen und Kollegen betriebsbedingt zu kündigen und so den besonderen Kündigungsschutz auszuhebeln.“
Besonders im nun entschiedenen Fall, wo im Zuge eines Interessenausgleichs Arbeiten umverteilt werden, Stellen wegfallen und die anfallenden Aufgaben durch Kolleginnen und Kollegen aufgefangen werden, sei die Kündigung unverständlich. „Es zeigt sich mal wieder, wie wichtig die weitere Stärkung der Schwerbehindertenvertretungen ist, die mit den Neuregelungen zum Bundesteilhabegesetz keinesfalls ihr Ende gefunden haben dürfen“, so die dbb Vize.