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IT-Ausbildung im öffentlichen Dienst: „Das verrückte Labyrinth“

1.200 Studienplätze mit IT-Schwerpunkt sind derzeit an den Hochschulen des öffentlichen Dienstes in Deutschland pro Jahr verfügbar. Nach einer aktuellen Recherche des dbb jugend magazin #staatklar können diese jedoch mangels Bewerber*innen nicht besetzt werden.

dbb jugend Chef Matthäus Fandrejewski sagt, woran das liegen könnte: „Es ist super, dass die Ausbildungskapazitäten für eigene IT-Kompetenz beim Staat jetzt endlich aufwachsen, und da sind total spannende und für verschiedenste Bedürfnisse passende Studienmodelle am Markt. Aber der Segen der Vielfalt wird zum Fluch, wenn man nicht mehr durchblickt“, so Fandrejewski im dbb jugend magazin #staatklar (Ausgabe Oktober 2022). „Man könnte es in Anlehnung an ein beliebtes Brettspiel ‚Das verrückte Labyrinth‘ nennen“, übt sich der dbb jugend Chef in einer humoristischen Betrachtung der Lage. Tatsächlich seien vielfältigste Informationen, sofern man sie denn überhaupt auffinde, und das verbreitete Bewerbungsverfahren ausschließlich über Praxisbehörden, die im jeweiligen Studiengang ausbilden, für junge Menschen eine „Zumutung“. Selbstredend müsse der Staat bei der Auswahl seines Personals eine hohe Messlatte anlegen, „wir wollen die Besten der Besten. Aber genau die fühlen sich mit einer solchen Ansprache und Performance ihres möglicherweise zukünftigen Arbeitgebers überhaupt nicht abgeholt“, kritisiert Fandrejewski.

Gefragt sei generell ein professionelleres Matching zwischen Talenten, die sich für eine Ausbildung beim Staat interessieren, stellt der dbb jugend Chef klar und greift gewisse Kannibalisierungs-Effekte zwischen den unterschiedlichen Gebietskörperschaften beim Wettbewerb um Nachwuchskräfte als kontraproduktiven Trend auf: „Diese Effekte sehen wir generell, insbesondere, seitdem die Bezahlungsniveaus im öffentlichen Dienst wegen unterschiedlicher Rechts- und Tarifkreise auseinanderdriften. Natürlich gewinnen zahlungskräftigere Dienst- und Arbeitgebende leichter Personal als andere. Im IT-Sektor verschärft sich das unter dem enormen Konkurrenzdruck der Privatwirtschaft noch einmal. Es liegt auf der Hand, dass das nicht ohne Folgen für die strukturelle Leistungsfähigkeit und das jeweilige Niveau der Daseinsvorsorge von Bund, Ländern und Kommunen bleiben wird – all das steht und fällt in den kommenden Jahren mit der Qualität der Digitalisierungskompetenz.“ Für die gezielte Ansprache junger Talente „brauchen wir endlich eine einheitliche Arbeitgebermarke ‚Öffentlicher Dienst‘“, fordert Fandrejewski. „Alle Gebietskörperschaften, Dienst- und Arbeitgebenden müssen hier an einem Strang ziehen und ihre Karriereangebote zentral und smart zugänglich machen“, fordert der dbb jugend Vorsitzende. „Erforderlich sind eine gezielte Ansprache und lückenlose Navigation bis hin zum Dienstverhältnis oder Arbeitsvertrag für Interessierte. Wer den Nachwuchs von heute im Karrierelabyrinth des Staatsdienstes alleine lässt, darf sich nicht wundern, wenn der schreiend Richtung Privatwirtschaft davonläuft. Gewinnt der Staat jetzt nicht zügig junge Menschen, droht nicht nur der Daseinsvorsorge ein Kollaps. Ein schwächelnder Standortfaktor öffentlicher Dienst ohne ausreichende Digitalisierungsfertigkeiten ist Gift für die Wirtschaft, zumal in Zeiten, in denen uns eine handfeste Rezession droht.“ Flankierend zur Rekrutierung müssten zudem digitale Aspekte generell Einzug in die Verwaltungsausbildung halten. Idealerweise könne man sich bundesweit auf einheitliche Standards bei Digitalisierungs- und IT-Kompetenzen einigen, regt Fandrejewski an.

Die vollständige Recherche gibt es im neu gestalteten Magazin für junge Menschen im öffentlichen Dienst unter www.staatklar.org.

 

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