Verband Bildung und Erziehung (VBE)
Kein Fortschritt bei der Inklusion an Schulen
Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) hat am 9. November 2020 die Ergebnisse seiner in Auftrag gegebenen forsa-Umfrage zur Inklusion an Schulen veröffentlicht. Die 2.127 befragten Lehrkräfte an den allgemeinbildenden Schulen bewerteten auch die Auswirkungen der coronabedingten Einschränkungen auf die Inklusion.
„Die Diskrepanz zwischen dem Stellenwert, den Politik der schulischen Inklusion in Sonntagsreden einräumt, und den Ressourcen, die sie tatsächlich bereit ist, für eine gelingende Inklusion zur Verfügung zu stellen, bleibt groß. Deshalb können die Schulen ihren Inklusionsauftrag unter den gegebenen Rahmenbedingungen nach wie vor nicht erfüllen“, kommentierte der VBE-Bundesvorsitzende Udo Beckmann die Ergebnisse der forsa-Umfrage.
Zustimmung zu Inklusion, schlechte Note für Inklusionspolitik
Während 56 Prozent die gemeinsame Beschulung von Menschen mit und ohne Behinderung grundsätzlich sinnvoll finden, denken nur 27 Prozent, dass dies zurzeit praktisch sinnvoll umsetzbar ist. Landesregierungen und Kultusministerien erhalten die Note 4,5 für ihre Inklusionspolitik. „Da wundert es nicht, wenn sich vor diesem Hintergrund eine deutliche Mehrheit der Befragten für den mehrheitlichen Erhalt der Förderschulen ausspricht. Ein fatales Zeugnis nach elfeinhalb Jahren Bewährungsprobe“, resümierte Beckmann.
Vorbereitung und Qualifizierung
Kommt eine Schülerin oder ein Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf hinzu, bleibt die Lerngruppe in der Regel gleich groß. Das sagen zwei von drei Befragten. An der Grundschule sind es sogar drei von vier. Dabei steigt die durchschnittliche Schülerzahl weiter an. „So unterschiedlich die sonderpädagogischen Förderbedarfe sind, so unterschiedlich muss die Förderung sein. Doch dafür bleibt kaum Zeit. Was es braucht, ist daher eine Doppelbesetzung aus Lehrkraft und Sonderpädagogin oder -pädagogen“, sagte Beckmann.
Jede fünfte der befragten Lehrkräfte gibt an, dass sich die Lehrerinnen und Lehrer, die eine inklusive Lerngruppe übernommen haben, darauf nur maximal eine Woche vorbereiten konnten. Über die Hälfte sagt, dass die Kolleginnen und Kollegen keine sonderpädagogischen Kenntnisse hatten. Fast die Hälfte, dass es keine begleitende Fortbildung gibt und keine Erfahrungen im gemeinsamen Unterricht gesammelt werden konnten. Jede dritte befragte Lehrkraft gibt an, dass es keine speziellen Fortbildungen gab.
Auch die aktuelle Pandemie hat Auswirkungen auf die Inklusion: 70 Prozent der Befragten geben an, dass die Schülerinnen und Schüler während der Schulschließungen nicht ausreichend gefördert werden konnten. 63 Prozent aller Lehrkräfte, aber sogar 75 Prozent der Lehrkräfte von Förderschulen stimmen der Aussage zu, dass bei den Schulöffnungen die Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischen Förderbedarfen in den Vorgaben der Schulministerien nahezu vergessen wurden. 74 Prozent der Befragten stimmen der Aussage zu, dass die coronabedingten Einschränkungen zu einem Rückschritt bei der Inklusion geführt haben, weil der Alltag fehlte.