2. Zukunftskongress Soziale Infrastrukturen
Nachwuchs- und Fachkräftemangel: Katalysator für eine inklusive Verwaltung
Der akute Nachwuchs- und Fachkräftemangel im öffentlichen Dienst könnte sich als Katalysator für mehr Inklusion in Verwaltung und Behörden erweisen, sagte Friedhelm Schäfer, Zweiter Vorsitzender des dbb, beim 2. Zukunftskongress des „Behörden Spiegel“.
„Der öffentliche Dienst ist in Folge des massiven Personalabbaus seit der Wiedervereinigung und der demografischen Entwicklung nicht so aufgestellt, wie er es in Anbetracht seiner Aufgaben eigentlich sein müsste“, machte Schäfer am 6. Juni 2018 auf der Veranstaltung in Berlin deutlich. Aktuell fehlten im Staatsdienst mindestens 200.000 Beschäftigte, und die in den kommenden zehn Jahren zu erwartenden Altersabgänge im Millionenbereich würden dieses Dilemma weiter verschärfen. „Vor diesem Hintergrund muss der öffentliche Dienst das Thema Inklusion nicht nur für seine ‚Kunden‘, die Bürgerinnen und Bürger, denken und praktizieren, wo es bereits beeindruckende Angebote und Projekte gibt. Der Staat muss vor allem auch die Potenziale heben, die eine inklusive und lebensnahe Verwaltung als Arbeitgeber für Menschen mit Handicap und ältere Beschäftigte bietet.“
Gerade der öffentliche Dienst als größter Arbeitgeber Deutschlands müsse auf diesem Gebiet in jeder Hinsicht eine Vorbildfunktion einnehmen, so dbb Vize Schäfer. Dies sei er im Branchenvergleich mit einer Schwerbehindertenquote von 6,9 Prozent bereits, allerdings sei „hier noch reichlich Luft nach oben“. Vor allem müssten ausreichend inklusive Ausbildungs- und Arbeitsplätze geschaffen werden. Hier könne die Digitalisierung neue Wege und Möglichkeiten eröffnen, beispielsweise die Schaffung besonders geeigneter Tätigkeitsbereiche für Menschen mit Behinderung und den Personaleinsatz entsprechend der individuellen Fähigkeiten und Qualifikationen. So könnten beispielsweise Menschen mit Asperger Syndrom und ihrer damit oft verbundenen besonders hohen Konzentrationsfähigkeit vorzugsweise im Controlling eingesetzt werden. Letztlich, so Schäfer, sei es völlig gleichgültig, „WEN wir inkludieren wollen: Menschen mit Behinderung, ältere Beschäftigte oder etwa Beschäftigte mit familiären Verpflichtungen. Sie alle haben ein Recht auf gleichberechtigte Teilhabe und können bei konsistenter und konsequent inklusiver Ausbildungs- und Arbeitsplatzplanung tatsächlich helfen, die Personalengpässe zu verringern.“
Zum Thema „Bildung ohne Grenzen“ diskutierte der stellvertretende dbb Bundesvorsitzende Jürgen Böhm, zugleich Chef des Verbandes Deutscher Realschullehrer, auf dem Zukunftskongress mit Vertretern des Studentenwerks und der Volkshochschulen. Die Podiumsteilnehmer waren sich einig, dass vor allem Menschen aus bildungsfernen Milieus und mit Migrationshintergrund hier besonderer Unterstützung bedürfen. In einer Gesellschaft, deren wichtigste Ressource die berufliche und wissenschaftliche Qualifikation ist, sei es nicht hinnehmbar, dass 5,9 Prozent der Jugendlichen die Schule ohne Abschluss verlassen oder 13,8 Prozent ohne Berufsausbildung bleiben. Böhm: „Die Bildungsförderung muss dabei bereits in der Kita beginnen. Über alle Schulformen hinweg muss zudem mehr Wert auf individuelle Talentförderung aber auch auf Schulsozialarbeit und Schulpsychologie gelegt werden.“ Generell, so Böhm weiter, sollte den Schulen bei den Themen Ganztag und Bildungskooperation mit externen Partnern mehr Flexibilität ermöglicht werden: „Vor allem bei der Kooperation Schule-Wirtschaft gibt es noch riesige ungenutzte Potentiale.“