dbb Gewerkschaftstag

Silberbach: Krisenbewältigung funktioniert nur mit starkem öffentlichen Dienst

In seiner Grundsatzrede auf dem Gewerkschaftstag fordert dbb Chef Ulrich Silberbach eine Kehrtwende in der Finanz- und Personalausstattung des öffentlichen Dienstes.

„Ins Unsichere sind wir gerade alle gemeinsam unterwegs. Kostenexplosion, Corona-Krise, Krieg und Klimawandel: Das Land, ja die ganze Welt, hat mit vielen parallelen Krisen zu kämpfen. Gleichzeitig hält nur noch ein Drittel der Bevölkerung den Staat für handlungsfähig, das hat unsere dbb Bürgerbefragung im Herbst gezeigt. Das ist gefährlich. Am langen Ende für die Demokratie selbst“, sagte der dbb Bundesvorsitzende am 29. November 2022. Das erste Jahr der Ampel-Koalition sei für die Beschäftigten enttäuschend gewesen, weil in wichtigen Bereichen wie Bezahlung, Digitalisierung oder Fachkräftegewinnung keine nennenswerten Fortschritte erzielt worden seien. „Diese Probleme im öffentlichen Dienst sind nicht vom Himmel gefallen, sie beschäftigen uns schon seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten. Aber in Krisenzeiten rächen sie sich doppelt und dreifach. Deutschland hat aktuell nur eine Schön-Wetter-Daseinsfürsorge. Wir brauchen eine Kehrtwende in der Finanz- und Personalausstattung des öffentlichen Dienstes.“

Am Beispiel des Kampfes gegen den Klimawandel und der Bewältigung seiner Folgen machte Silberbach die Probleme des öffentlichen Dienstes deutlich. Auch hier nahm er die Regierungen von Bund und Ländern in die Pflicht, der Staat müsse eine Vorbildfunktion einnehmen: „Nur ein Beispiel: Immer schärfer werden die Energiesparvorgaben für Wirtschaft und Bevölkerung. Politik will dem Häuslebauer die Photovoltaikanlage auf dem Dach und das E-Auto in der Garage vorschreiben und reguliert in manchen Ländern sogar die Gestaltung der Vorgärten. Bitte verstehen Sie mich nicht falsch: Das kann man alles diskutieren, vieles mag auch sinnvoll sein. Aber von Parteien, die wahlweise die Eigenverantwortung oder den Umweltschutz hochhalten, möchten die Bürgerinnen und Bürger dann doch auch erfahren: Was macht eigentlich der Staat? Warum sitzt unsere Polizei in zugigen Revieren? Und warum pfeift unseren Kindern jetzt gerade in diesem Moment der kalte Novemberwind durch kaputte Schulfenster um die Ohren?

Wenn Politik es ernst meint mit dem Klimaschutz, dann gehört jedes öffentliche Gebäude saniert. Eine Photovoltaik-Anlage aufs Dach. Und die Fahrzeugflotte jeder Behörde klimaneutral modernisiert. Sie wollen weniger Verkehrsemission? Dann schieben sie sich bei der Organisation eines attraktiven und bezahlbaren ÖPNV nicht immer gegenseitig die Verantwortung zu. Das ist unerträglich und grenzt schon an Arbeitsverweigerung. Und lassen Sie doch endlich die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes, wo immer es möglich und von ihnen gewünscht ist, im Homeoffice arbeiten. So und nicht anders geht Vorbildfunktion.“

Der dbb Chef warb gerade mit Blick auf die zahlreichen Krisen für mehr gesamtgesellschaftliche Solidarität: „Dabei hilft es nicht, wenn Bürgerinnen und Bürger sich über ein paar gefahrene Autokilometer oder einen Urlaubsflug zerstreiten. Wenn wir einen Klimawandel brauchen, dann in unserer Gesellschaft. Hin zu einem neuen Miteinander statt gegeneinander. Politik steht auch da in der Verantwortung. Nicht nur gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern, sondern gerade auch gegenüber den Beschäftigten des öffentlichen Dienstes, die die Konsequenzen von Nicht-Handeln und Gegeneinander tagtäglich am eigenen Leib erfahren. In diesem Zusammenhang verwies Silberbach auf das Motto des dbb Gewerkschaftstages „Staat. Machen wir!“. Das sei „durchaus selbstbewusst gemeint, mit Betonung auf ‚wir‘. Denn: Ohne die Menschen im öffentlichen Dienst ist keine Krise zu meistern. Das Motto ist aber auch als Einladung an alle Politikerinnen und Politiker im Land gemeint, endlich anzupacken. ‚Staat. Machen. Wir!‘. Am besten gemeinsam, denn anders geht es nicht.“ Die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes seien bereit, die anstehenden Herausforderungen anzunehmen. „Diese Kolleginnen und Kollegen sorgen 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche dafür, dass dieses Land funktioniert. Mit Einsatz und Leidenschaft. Mir macht das Hoffnung. Denn das ist es, was den öffentlichen Dienst ausmacht: Menschen im Dienst der Menschen! Und so lange wir die haben, wird mir um dieses Land nicht bange.“

Bundeskanzler Olaf Scholz hat beim dbb Gewerkschaftstag ebenfalls die Bedeutung des öffentlichen Dienstes betont und den Beschäftigten gedankt – sie seien „die Gestalter der Zeitenwende“. „Deutschland braucht einen starken öffentlichen Dienst – gerade jetzt in diesen Krisenzeiten“, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz bei der Öffentlichen Veranstaltung am 29. November 2022. Die Zeitenwende, ausgelöst durch den russischen Angriffskrieg in der Ukraine und dem einhergehenden Bruch der europäischen Friedensordnung, mache nirgendwo Halt und betreffe in ihren Auswirkungen sämtliche Bereiche des öffentlichen Dienstes, wo die Beschäftigten neben den „normalen“ Aufgaben unter Hochdruck an der Unterstützung für Geflüchtete, der Abfederung von Härten durch Inflation und Energiepreisexplosion sowie der Umsetzung der Energiewende arbeiteten. „Sie sind die Gestalter der Zeitenwende“, adressierte der Bundeskanzler die Mitarbeitenden des öffentlichen Dienstes in Deutschland. „Staat machen Sie, und das sehr gut. Und dafür danke ich Ihnen von ganzem Herzen.“

Scholz bezeichnete den öffentlichen Dienst als „Rückgrat unseres Landes“, dem in Zeiten von Krisen, Veränderungen und Unsicherheit eine besondere Bedeutung zukomme. „Umso wichtiger ist ein Staat, der liefert, der spürbar an der Seite der Bürgerinnen und Bürger steht“, unterstrich der Kanzler. Deutschland stehe mit der Energiewende vor der größten Transformation seit Beginn der Industrialisierung. Um diesen Prozess erfolgreich und innerhalb des eng gesteckten Zeitrahmens voranzutreiben, brauche man Behörden und Verwaltungen – und die bisher erreichten Zwischenziele zeigten, dass der öffentliche Dienst nicht beweisen, müsse „dass er Tempo machen kann. Sie machen Tempo, meine Damen und Herren“, erkannte der Bundeskanzler an. In einer „für unser Land fast atemberaubenden Geschwindigkeit“ entstünden an der Nordsee Flüssiggasterminals, würden innovative internationale Unternehmen wie Tesla für Standorte in Deutschland gewonnen. „All das haben unsere Verwaltungen entscheidend vorangetrieben“, stellte Scholz fest.

Es stehe außer Frage, betonte der Kanzler, dass die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes bei der Gestaltung der Zukunftsaufgaben auf die richtigen Rahmendbedingungen und politische Unterstützung angewiesen seien. „Beides will ich ihnen heute zusagen“, versprach Scholz und sicherte sowohl mit Blick auf die amtsangemessene Alimentation und leistungsgerechte Bezahlung als auch in Sachen Digitalisierung der Verwaltung Verbesserungen zu: „Leistung und Anstrengung müssen sich lohnen, das gilt insbesondere für die, die ihre Arbeitskraft in den Dienst der Allgemeinheit stellen.“ Der Kanzler forderte eine „Selbstverpflichtung der Politik: Gesetzgebung und Verwaltung dürften nicht auseinanderfallen, „wir hören auf diejenigen, die die Regelungen nachher umsetzen müssen“. Der Regierungschef bekannte sich zudem klar für eine Attraktivitätssteigerung des öffentlichen Dienstes als Arbeitgeber. Man habe zwar mittlerweile zusätzliche Stellen geschaffen, um dem Personalmangel entgegenzuwirken, „aber diese „Stellen müssen jetzt auch mit guten Köpfen besetzt werden können“, sagte Scholz. Dies gelänge nur mit einer wettbewerbsfähigen Bezahlung und attraktiven Arbeitsbedingungen wie modernen digitalen Abläufen, Homeoffice, Qualifizierungs- und Aufstiegsperspektiven. Scholz appellierte im Zusammenhang mit der Nachwuchsgewinnung an Klimaaktivistinnen und -aktivisten: „Wer sich für den Klimaschutz einsetzen will, muss sich dafür nicht auf Start- und Landebahnen von Flughäfen festkleben, sondern kann im öffentlichen Dienst viel mehr voranbringen.“

Die Rolle des Staates und das Ansehen des öffentlichen Dienstes als Arbeitgeber waren auch Themen der Podiumsdiskussion von Vertreterinnen und Vertretern der Bundestags-Parteien. Die Politische Geschäftsführerin von Bündnis 90/Die Grünen Emily Büning, sprach sich dabei am 29. November 2022 klar für Einkommenserhöhungen im öffentlichen Dienst aus. „Ich glaube, das ist richtig, weil es eine Teuerungsrate gibt. Ein attraktiver öffentlicher Dienst muss angemessen ausgestattet werden. Wir brauchen unseren Staat.“ Büning regte an, dass Beschäftigte in den unteren Einkommensgruppen proportional mehr erhalten sollten. Die hohe Arbeitsbelastung der Beschäftigten ließe sich auch durch eine Verschlankung von Aufgaben des öffentlichen Dienstes reduzieren: Leistungen sollten zusammengelegt, die Zahl der Antragsverfahren verringert werden. Diesbezüglich biete die Digitalisierung ein großes Potential. Bei der Rekrutierung neuer Beschäftigter sei es zudem wichtig, sowohl das Arbeiten in Teilzeit zu ermöglichen, als auch Modelle wie etwa „Führen im Team“ anzubieten, um insbesondere Frauen zu erreichen, die Karriere machen wollten. Eine Tätigkeit im öffentlichen Dienst eigne sich für alle, die mit Menschen arbeiten, einen sinnstiftenden sicheren Arbeitsplatz und Mitgestaltungsmöglichkeiten haben wollen, betonte Büning.

Der öffentliche Dienst brauche Wertschätzung, eine gute Infrastruktur, Ausstattung und Vergütung, bekräftigte ebenso CDU-Generalsekretär Mario Czaja. Auch müssten die Prozesse stimmen, wobei es vor allem darauf ankomme, die Abläufe in der Verwaltung möglichst flüssig und transparent zu gestalten. Um das Image des öffentlichen Dienstes attraktiver zu gestalten, forderte Czaja, die Erfahrungsstufen in der Besoldung besser abzubilden. Zudem gelte es, die Selbstwirksamkeit zu stärken. Es mache niemandem Freude, wenn sich die unterschiedlichen Verwaltungen gegenseitig blockierten. Wichtig sei eine Änderung im Mindset. Wenn wie zum Beispiel in Berlin eine Kennzeichnungspflicht für die Polizei eingeführt und gleichzeitig in der Antidiskriminierungsstelle mit Beweislastumkehr gegen die Polizei gearbeitet werde, sei die Bereitschaft, zur Polizei zu gehen, nicht sonderlich groß. Aus Sicht des CDU-Politikers sorge auch die Verbeamtung von Lehrerinnen und Lehrern in Berlin nicht für Abhilfe bei den chaotischen Zuständen in den Klassenzimmern, wo teilweise für die gleiche Arbeit vier unterschiedliche Gehalts- beziehungsweise Besoldungsstufen gelten würden. Czaja kritisierte auch die Kleinteiligkeit der neuen Aufgaben, die den Beschäftigten in Verwaltungen und Behörden gegeben würden. „Wenn ich mit Abschlagszahlungen anfange, heißt das, dass man den Vorgang zwei- bis dreimal anfassen muss.“ Im Jobcenter von Berlin-Neukölln hätten ihm Beschäftigte erzählt, sie seien dort nicht in der Lage, all die Neuerungen einzuführen. Jeder der Mitarbeitende bearbeite dort an die 220 Fälle pro Tag. Irgendwann sagten die Mitarbeiter dann „Jetzt reicht’s!“, und das könne man verstehen, so Czaja.

Die stellvertretende Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag Susanne Ferschl bezeichnete die angemessene Bezahlung der Beschäftigten als einen Baustein, die Attraktivität des öffentlichen Dienstes als Arbeitgeber zu erhöhen. Als weitere Anreize nannte sie verbesserte Weiterbildungs- und Entwicklungsmöglichkeiten, eine größere Durchlässigkeit bei den Laufbahnen sowie generell mehr Möglichkeiten zur Karrieregestaltung. Aus Sicht der Sprecherin für Arbeit und Mitbestimmung der Partei DIE LINKE trügen zudem modern ausgestattete Arbeitsplätze und deutlichere Fortschritte bei der Digitalisierung erheblich dazu bei, das Image des öffentlichen Sektors zu erhöhen. „Ausbildungsplatzgarantien könnten junge Menschen ermutigen, eine berufliche Laufbahn im öffentlichen Dienst anzustreben. Und weitere Angebote zur besseren Vereinbarung von Beruf und Familien werden das Interesse am öffentlichen Dienst insbesondere bei Frauen weiter erhöhen“, zeigte sich Ferschl überzeugt. Generell sei wichtig, stärker hervorzuheben, dass „es die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes sind, die den Staat am Laufen halten. Wir müssen aufhören, die Kosten einer guten Verwaltung ständig zu thematisieren. Dadurch entsteht eine Negativspirale, die nirgendwo hinführt“, betonte sie. Bezüglich der Schaffung von mehr Diversität im öffentlichen Dienst hob Ferschl die Bedeutung zielgruppen-und gendergerechter Initiativen hervor: Bisher habe die Bundesregierung beispielsweise zu wenig unternommen, Frauen aus der Teilzeitfalle zu holen. Auch fehlten probate Quotenlösungen zur Förderung weiblicher Führungskräfte.

Konstantin Kuhle, stellvertretender Vorsitzender der FDP-Fraktion, betonte, dass gerade das Berufsbeamtentum für junge Menschen attraktiv sei, „aber wir haben zu wenige, die sich zum Beispiel in der IT ein Leben lang verpflichten wollen. Daher müssen wir uns über Einstiege und Laufbahnen Gedanken machen“, forderte Kuhle. Die praktischen IT-Kenntnisse, die viele Bewerberinnen und Bewerber mitbrächten, seien in den Laufbahnen noch gar nicht angemessen abgebildet. Auch Laufbahnwechsel müssten in den Behörden „kulturell gelebt“ und Möglichkeiten gefördert werden, „wieder aus dem öffentlichen Dienst herauszukommen, und zum Beispiel in die Wirtschaft oder den Tarifbereich zu wechseln“. Per se weniger Verbeamtung bedeute diese Art der Flexibilisierung aber nicht: „Zu sagen, wir haben zu viele Beamte, ist mit zu pauschal“, sagte Kuhle. Auch die Einkommensforderung des dbb für die Einkommensrunde 2023 mit Bund und Kommunen sei nicht zu hoch: „Zehn Prozent sind ja bei der Inflation nicht mehr Geld als vorher. Es ist doch klar, dass sie das fordern müssen. Nur, was am Ende dabei herauskommt, müssen sie mit meinem Parteivorsitzenden, dem Finanzminister besprechen“. Was die Qualität des öffentlichen Dienstes betreffe, habe man zum Beispiel in Berlin nicht das Gefühl, der Staat erfülle seine Grundfunktionen, wenn man einen Pass beantragen wolle. „Daher müssen wir im regulatorischen Rahmen mehr darauf achten, dass die Grundzüge funktionieren, bevor man etwas neues draufpackt“, damit die Beschäftigten nicht noch weiter überfordert würden. „Wir müssen auch mehr Digitalisierung erreichen, und das nicht erst bis 2050.“ Hier sieht der FDP-Politiker auch die Länder in der Pflicht mitzuziehen, statt „ihre eigenen Süppchen zu kochen. Es fehlt oft das kulturelle Verständnis dafür, dass wir Verwaltung neu aufsetzen müssen, um sie zu digitalisieren.“

SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert forderte eine angemessene Vergütung und sächliche Ausstattung der Beschäftigten im öffentlichen Dienst. Mit Blick auf den Zustand mancher Dienstgebäude gab Kühnert zu bedenken: „Man mag sich nicht vorstellen, was es für Beschäftigte bedeutet, 38 bis 40 Stunden pro Woche in dieser Umgebung arbeiten zu müssen.“ Das zu ändern, sei eine Frage des Respekts gegenüber den Beschäftigten. Mit Blick auf die Aufgabenflut, zum Beispiel durch die Wohngeldreform, räumte Kühnert ein, dass es einen „ruckeligen Übergang zum Jahresende“ geben werde. Das sei aber nicht die Schuld der umsetzenden Beschäftigten, sondern die Folge einer schnellen und notwendigen politischen Entscheidung, die ebenso schnell umgesetzt werden müsse. Daher seien die Behördenleiter aufgefordert, „lebenstaugliche, praktische Regelungen im Rahmen ihrer Spielräume zu nutzen, um die Verfahren zu beschleunigen. So viel Hands-On-Mentalität würde ich mir wünschen“, und dafür gebe es auch die notwendige politische Rückendeckung. Was das Krisenmanagement des Staates betreffe, konstatierte Kühnert, dass Stellenäquivalente nicht als von Menschen besetzte Stellen gezählt werden dürften. „Wir müssen darüber streiten, wie wir mehr Menschen in den öffentlichen Dienst bekommen.“ Die Hälfte der erwerbstätigen Frauen hätten zum Beispiel „einen deutlichen Gap zwischen ihrer Teilzeitbeschäftigung und dem, was sie eigentlich gerne tun würden“. Der Schlüssel liege hier unter anderem in der Flexibilisierung von Arbeitszeitmodellen im öffentlichen Dienst. Vor allem politisch interessierten und vielleicht unzufriedenen jungen Leuten empfiehlt Kühnert, sich für den öffentlichen Dienst zu interessieren, „weil sie dort wirksam werden und etwas zum Besseren verändern können“.

Bereits am Vortag hatte der dbb Gewerkschaftstag in Berlin Ulrich Silberbach erneut zum dbb Bundesvorsitzenden gewählt. Der 61-Jährigen bleibt damit für weitere fünf Jahre an die Spitze des Dachverbands. Der gebürtige Kölner, dessen Heimatgewerkschaft die komba ist, führt den dbb beamtenbund und tarifunion bereits seit 2017 an und betonte vor den Delegierten, dass Deutschland nur mit einem modernen und leistungsfähigen öffentlichen Dienst gut durch die aktuelle wirtschaftliche Krise kommen und seine Zukunftsaufgaben erfolgreich meistern werde. Der dbb, „die einzig wahre Spitzenorganisation des öffentlichen Dienstes“, werde die Verantwortlichen in der Politik daran messen, „welche Anstrengungen und Investitionen sie für jene auf den Weg bringen, die dafür sorgen, dass dieses Land funktioniert – Beamtinnen wie Beamte und Tarifbeschäftigte“, sagte Silberbach unmittelbar nach seiner Wahl. Der öffentliche Dienst habe in den vergangenen drei Jahren eindrucksvoll unter Beweis gestellt, wie wichtig er für die volkswirtschaftliche Stabilität und den gesellschaftlichen Zusammenhalt sei. „Diesen Wert müssen wir erhalten, und dafür werde ich gemeinsam mit den 1,3 Millionen Kolleginnen und Kollegen im dbb weiter leidenschaftlich kämpfen“, betonte Silberbach.

Nach der Bestätigung von dbb Chef Ulrich Silberbach im Amt hat der dbb Gewerkschaftstag die weiteren Mitglieder der dbb Bundesleitung gewählt.

Friedhelm Schäfer, der bisherige Zweite Vorsitzende des dbb und Fachvorstand Beamtenpolitik, bekleidet sein Amt ebenso wie Volker Geyer, bisheriger stellvertretender dbb Bundesvorsitzender und Fachvorstand Tarifpolitik, für weitere fünf Jahre.

Komplettiert wird die neue Bundesleitung des dbb durch die weiteren stellvertretenden dbb Bundesvorsitzenden:

  • Simone Fleischmann (Verband Bildung und Erziehung – VBE)
  • Andreas Hemsing (komba gewerkschaft)
  • Milanie Kreutz (Deutsche Steuergewerkschaft – DSTG)
  • Heiko Teggatz (DPolG Bundespolizeigewerkschaft – DPolG)
  • Maik Wagner (Gewerkschaft der Sozialversicherung – GdS)
  • Claus Weselsky (Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer – GDL)

Qua Amt gehören der dbb Bundesleitung zudem als beratende Mitglieder ohne Stimmrecht die Vorsitzenden der dbb jugend (Matthäus Fandrejewski) und der dbb bundesseniorenvertretung (Horst Günther Klitzing) an.

Zu Ehrenmitgliedern des dbb wählten die Delegierten die bisherigen stellvertretenden Bundesvorsitzenden Astrid Hollmann (Mediengewerkschaft VRFF), Kirsten Lühmann (Deutsche Polizeigewerkschaft – DPolG) und Thomas Eigenthaler (Deutsche Steuer-Gewerkschaft – DSTG), die in diesem Jahr nicht mehr kandidiert hatten.

Das höchste Gremium des dbb hat zudem ein umfangreiches Paket an wegweisenden Beschlüssen für einen modernen öffentlichen Dienst gefasst. In über 30 Leitanträgen, die der dbb Gewerkschaftstag am 28.November 2022 angenommen hat, sind alle notwendigen Bausteine für eine umfassende Modernisierung des Staates enthalten. „Heute wurde einmal mehr bewiesen: Der dbb mit seinen 41 Fachgewerkschaften und 16 Landesbünden ist das Kompetenzzentrum für alle Belange des öffentlichen Dienstes und der Daseinsfürsorge“, sagte der dbb Bundesvorsitzende Ulrich Silberbach. „Von den tragenden Säulen der Beamten- und Tarifpolitik über Querschnittsthemen wie Mitbestimmung, Digitalisierung und Diversität in der gesamten Verwaltung bis hin zu den großen gesellschaftlichen Herausforderungen wie Fachkräftemangel, demografischer Wandel sowie Klimapolitik: Der dbb benennt nicht nur offen und ehrlich die Probleme des öffentlichen Dienstes und seiner privatisierten Bereiche, sondern bietet als konstruktiver Partner von Bürgerinnen und Bürgern, Politik und Wirtschaft eigene Lösungen an.“

Der dbb Chef dankte den unzähligen Ehrenamtlichen in der Organisation für ihre engagierte Arbeit im Vorfeld der Beschlüsse: „Die Leitanträge spiegeln das Wesen des dbb: Die thematische Bandbreite und qualitative Tiefe der gefassten Beschlüsse zeigt, dass unser Fachgewerkschafts-Prinzip genau richtig ist. Diese Nähe, zu den Themen und vor allem zu den Menschen, ist unsere Stärke. Das ist echte Vielfalt statt Einheitsbrei. Dass so viele Kolleginnen und Kollegen sich ehrenamtlich neben ihrem Dienst dafür einsetzen, die Arbeitsbedingungen für alle zu verbessern, zeigt außerdem einmal mehr: Wer in den öffentlichen Dienst kommt, der tut das in der Regel – allen Widrigkeiten zum Trotz – für andere, für die ganze Gesellschaft. Deshalb werde ich gemeinsam mit der Bundesleitung und allen weiteren dbb Gremien sowie unserer Geschäftsstelle und den dbb Dienstleistungszentren mit großer Leidenschaft an der Umsetzung dieser Leitanträge arbeiten.“

Im Anschluss an den dbb Gewerkschaftstag hat sich am 29. November 2022 die neue dbb Bundestarifkommission zu ihrer konstituierenden Sitzung getroffen. Sie besteht aus der Bundesleitung, den Vertreterinnen und Vertretern der tariffähigen Mitgliedsgewerkschaften, den Vorsitzenden der Landesbünde sowie je einem/r Vertreter/in der dbb jugend, der dbb bundesfrauenvertretung und der dbb bundesseniorenvertretung. Die Landesbünde können die/den jeweilige/n Vorsitzende/n ihrer Landestarifkommission mit beratender Stimme entsenden.

Vorsitzender der Bundestarifkommission ist der Fachvorstand Tarifpolitik, der die laufenden Geschäfte in Tarifangelegenheiten führt. Dieses Amt hat nach seiner Wiederwahl am Vortag entsprechend weiterhin Volker Geyer inne.

Der Vorsitzende und seine von der Bundestarifkommission zu wählenden sechs Stellvertreter/innen bilden die Geschäftsführung der Bundestarifkommission. Bei den Stellvertreter/innen gab es Veränderungen: Sieglinde Hasse (GdS), Karl-Heinz Leverkus (DSTG) und Jens Weichelt (SLV) haben sich nicht erneut beworben. Sie wurden von der dbb Bundstarifkommission zu Ehrenmitgliedern gewählt und mit großem Applaus verabschiedet.

Neu gewählt wurden an ihrer Stelle Rita Mölders (VBE), Cornelia Deichert (DSTG) und Thomas Zeth (VAB). Im Amt bestätigt wurden Thomas Gelling (GDL), Andreas Hemsing (komba) und Hermann-Josef Siebigteroth (VDStra.).

Die Bundestarifkommission beschließt über alle Angelegenheiten in Tariffragen. In Grundsatzfragen entscheidet sie über Forderungsrahmen, Kündigung von Tarifverträgen, Annahme oder Ablehnung von Verhandlungsergebnissen und die Durchführung von Arbeitskampfmaßnahmen. Die Bundestarifkommission tritt in der Regel zweimal im Geschäftsjahr zusammen.

Alle Informationen zur Veranstaltung sind auf www.dbb.de/gewerkschaftstag gebündelt abrufbar.

 

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