Bündnis Sorgearbeit fair teilen

Erwerbsarbeit und private Care-Arbeit müssen zusammengedacht werden

Drei Viertel der Deutschen finden die gleichmäßige Verteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit zwischen Frauen und Männern wichtig. Politik und Arbeitgebende müssen reagieren.

„Männer und Frauen wollen im Beruf bestehen, aber sie wollen sich eben auch um ihre Kinder kümmern und für Pflegebedürftige da sein. Die zeitlichen Spielräume dafür sind noch immer zu eng gesteckt. Die Arbeitgebenden können es sich in Zeiten des massiven Fachkräftemangels nicht leisten, diese Tatsache zu ignorieren. Sie müssen flexible und vereinbare Angebote schaffe. Dafür muss auch die Politik die nötigen Rahmenbedingungen vorhalten“, erklärte Milanie Kreutz, Vorsitzende der dbb frauen, am 10. November 2022.

Kreutz warnte davor, Wirtschaftsinteressen vor die der Beschäftigten zu stellen: „Um den Fachkräftemangel in den Griff zu bekommen, fordern Arbeitgebende seit Jahren eine höhere Erwerbsquote von Frauen und schmücken sich mit dem Label der Familienfreundlichkeit. Aus derselben Richtung kommen aber auch Forderungen nach längeren Wochenarbeitszeiten, wie sie beispielsweise der Bundesverband der Deutschen Industrie kürzlich mit der Einführung der 42-Stunden-Woche vorgebracht hat. Das sind widersprüchliche Signale. Die Arbeitgebenden verspielen damit ihr Vertrauen.“

Eine Steigerung der Frauenerwerbsquote ist laut Kreutz nur zu erreichen, wenn auch Männern – insbesondere Vätern – bessere Möglichkeiten zur Vereinbarkeit eingeräumt werden. „Dafür muss in den Ausbau qualifizierter Betreuungsangebote und digitale Arbeitsmöglichkeiten investiert werden. Vollzeitnahe Teilzeit muss enttabuisiert und für alle Beschäftigten vorurteilsfrei angeboten werden. Vor allem Führungsaufgaben müssen teilbar gemacht werden. Wir haben dazu mit dem BMFSFJ das Pilotprojekt ‚Führen in Teilzeit‘ auf den Weg gebracht, um aufzuzeigen: Auch Führungsaufgaben können flexibel und familienorientiert gestaltet werden“, machte Milanie Kreutz deutlich.

Bündnis Sorgearbeit fair teilen präsentiert Umfrageergebnisse

Mit ihrem Appell reagierte die dbb frauen Chefin auf eine repräsentative YouGov-Umfrage, deren Ergebnisse am Vortag auf einer Fachtagung des Bündnisses Sorgearbeit fair teilen präsentiert wurden. Danach sind drei von vier Deutsche der Meinung, die gleichmäßige Verteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit zwischen Frauen und Männern ist wichtig bis sehr wichtig.

51 Prozent der Befragten befürworten die Einführung einer Lohnersatzleistung für pflegende Angehörige, wenn diese ihre Erwerbsarbeit reduzieren oder für eine gewisse Zeit aussetzen. Weitere 41 Prozent fordern geschlechtergerechte und familienorientierte, flexible Arbeitszeitmodelle. 36 Prozent sprechen sich für staatliche Zuschüsse für die Inanspruchnahme haushaltsnaher Dienstleistungen aus.

„Wir fordern die Bundesregierung auf, die im Koalitionsvertrag verankerten Maßnahmen, die die faire Verteilung unbezahlter Sorgearbeit voranbringen, auf die politische Agenda zu setzen und schnellstmöglich umzusetzen“, unterstreichen die Bündnismitglieder, zu denen auch die dbb frauen zählen.

Hintergrund

Das zivilgesellschaftliche Bündnis Sorgearbeit fair teilen setzt sich für die geschlechtergerechte Verteilung unbezahlter Sorgearbeit im Lebensverlauf ein. Seine 26 Mitgliedsverbände haben sich zum Ziel gesetzt, Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft für den Gender Care Gap und seine Auswirkungen zu sensibilisieren und sich für die Schließung der Sorgelücke einzusetzen. Die dbb frauen gehören zu den Gründungsmitgliedern des Bündnisses. Anlässlich seiner Fachtagung „Sorgearbeit – selbstverständlich weiblich? Close the Care Gap!“ am 9. November 2022 hatte das Bündnis Zahlen zu den Wünschen für eine bessere Verteilung von Sorge- und Erwerbsarbeit zwischen den Geschlechtern bekannt gegeben. Die verwendeten Daten beruhen auf einer Online-Umfrage der YouGov Deutschland GmbH, an der 2.053 Personen zwischen dem 18. und 20.Oktober 2022 teilnahmen. Die Ergebnisse wurden gewichtet und sind repräsentativ für die deutsche Bevölkerung ab 18 Jahren.

 

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