EU-Eisenbahnpaket: Vorerst keine Trennung von Netz und Betrieb
Das Europäische Parlament stimmte am 26. Februar mehrheitlich gegen die Trennung von Netz und Betrieb im Schienenverkehr. Die Europäische Kommission hatte dies in ihrer Vorlage vorgeschlagen. „Das Parlament hat hier eine große Chance vergeben. Eine strikte Trennung von Netz und Betrieb hätte einer Privatisierung europäischer Eisenbahninfrastrukturen einen Riegel vorgeschoben“, kommentierte der Vorsitzende der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) und stellvertretende dbb Bundesvorsitzende Claus Weselsky die aktuelle Abstimmung der EU-Parlamentarier über das 4. Eisenbahnpaket. Der Europäische Rat wird im Herbst über die Gesetzgebung beraten. Bis dahin kann es noch zu Veränderungen am derzeitigen Entwurf kommen.
„Der Verkehrsträger Schiene ist von großer Bedeutung und hat mit Blick auf Zuverlässigkeit und Umweltbilanz gegenüber anderen Verkehrsträgern einen deutlichen Vorteil“, so Weselsky. „Allerdings ist er kostenintensiv und das Geld für Investitionen stets unzureichend. Zur Kapitalbeschaffung werden daher immer wieder Privatisierungen und Börsengänge ins Auge gefasst. Bei einem integrierten Unternehmen allerdings wird die Infrastruktur stets mitverhökert. Und genau solche sogenannten ‚englischen Verhältnisse’ gilt es mit einer strikten Trennung von Netz und Betrieb zu verhindern“, so der GDL-Chef. „Eisenbahninfrastrukturen müssen in staatlicher beziehungsweise öffentlicher Hand bleiben.“ Die nationalen Regierungen müssten bis zu den Verhandlungen im Herbst ihren Widerstand gegen eine tatsächliche Trennung von Netz und Betrieb aufgeben. Dann sei eine Kompromisslösung möglich.
Weselsky befürwortete den Ansatz, Lokomotiven und Waggons, die grenzüberschreitend eingesetzt werden, von einer europäischen Behörde, der Europäischen Eisenbahnagentur (ERA), zuzulassen. „Der Schienenverkehr wird mehr und mehr grenzübergreifend. Eine Ansammlung mehrerer Dutzend sich teils widersprechender nationaler Vorschriften und Standards führt auf Dauer zu Verzögerungen und Verteuerungen. Allerdings“, so Weselsky, „sollte die ERA keinesfalls zur allzuständigen europäischen ‚Superbehörde’ gemacht werden“. Die nationalen Eisenbahnbehörden mit ihren wichtigen überwachenden Funktionen und Schwerpunktaufgaben müssten erhalten bleiben. Als besonders positiv und erfreulich erachtet der GDL-Chef den Ansatz, das Zugpersonal zukünftig ebenso wie die Lokomotivführer zu zertifizieren. Dies werde der enormen Bedeutung dieser Berufsgruppe für die Sicherheit der Fahrgäste gerecht.