Gesundheit/Pflege

„Linke Tasche, rechte Tasche: Das funktioniert nicht mehr ewig“

Eine langjährige Forderung des dbb ist erfüllt: Die Beiträge in die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) werden künftig wieder paritätisch finanziert. Gleichzeitig steigen jedoch die Beiträge zur Pflegeversicherung.

„Der dbb fordert seit langem eine gerechte Lastenverteilung zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern“, so dbb Chef Ulrich Silberbach am 8. Oktober 2018 anlässlich der Anhörung zum „GKV-Versichertenentlastungsgesetzes“ im Gesundheitsausschuss des Bundestages. Es gebe jedoch bei der Entlastung der Beitragszahler noch Luft nach oben. „Aus unserer Sicht gehören Zuzahlungen für Arzneimittel, Rezeptgebühren oder die täglich zu entrichtenden zehn Euro bei stationärem Krankenhausaufenthalt abgeschafft, um die Versicherten weiter zu entlasten. Hier darf jetzt nicht auf halber Strecke Halt gemacht werden.“

Zumal die Versicherten an anderer Stelle demnächst stärker zur Kasse gebeten würden: Der Entwurf des „Pflegeversicherungs-Beitragssatzanpassungsgesetzes“ (BSAG; diese Woche im Kabinett) aus dem Haus von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn sieht vor, den Beitragssatz zur sozialen Pflegeversicherung ab dem 1. Januar 2019 um insgesamt 0,5 Prozentpunkte auf künftig 3,05 Prozent der beitragspflichtigen Einnahmen anzuheben. Der im Gegensatz zum allgemeinen Beitragssatz nicht paritätisch finanzierte Zuschlag für Kinderlose in Höhe von 0,25 Prozent soll bleiben.

„Die Beitragsanhebung trägt den Nachwirkungen der Gesetze zur Stärkung der Pflege Rechnung. Denn damit werden die Kosten aufgefangen, die mit den dringend erforderlichen Verbesserungen für das Pflegepersonal und den umfangreichen Leistungsausweitungen durch den neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff einhergehen. All diese Maßnahmen begrüßen wir ausdrücklich“, so Silberbach. Vor allem angesichts des Fachkräftemangels in den Pflegeberufen sei sofortiges und konsequentes Handeln dringend erforderlich. Aus Sicht des dbb gingen die Maßnahmen zur Finanzierung zusätzlichen Personals, zu Tarifsteigerungen und Verbesserungen in der ambulanten Pflege noch gar nicht weit genug.

„Nichtsdestotrotz darf der Grundsatz der Beitragssatzstabilität nicht aus den Augen verloren werden“, betonte der dbb Chef mit Blick auf die umfangreichen Gesetzesvorhaben in der Sozialversicherung. Es bleibe abzuwarten, ob im Falle einer konjunkturellen Abkühlung „der Ausfall von Beitragseinnahmen spurlos an der Entwicklung der Lohnnebenkosten vorübergehen kann“. Klar sei hingegen: „Linke Tasche, rechte Tasche – das funktioniert in Zeiten des demografischen Wandels nicht mehr ewig. Wer ein böses Erwachsen verhindern will, braucht nachhaltige Reformen.“

Die vom dbb Chef gelobten Verbesserungen in der Pflege sind zum Teil im geplanten Pflegepersonal-Stärkungsgesetz enthalten, zu dem es ebenfalls in dieser Woche eine Sachverständigenanhörung im Gesundheitsausschuss gab. „Die zahlreichen zurückliegenden Pflegereformen hatten hauptsächlich die Pflegebedürftigen im Fokus. Zwingend mit der Sicherstellung einer hohen Qualität pflegerischer Versorgung verbunden ist aber auch die Situation der Pflegefachkräfte – insbesondere ihre Arbeitsbedingungen. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wird nun endlich auch etwas für die Beschäftigten vor Ort getan“, sagte dazu dbb Tarifchef Volker Geyer. Neben der Umsetzung der langjährigen dbb Forderung nach einer vollständigen Refinanzierung der Tarifsteigerungen für das Personal sieht das Gesetz unter anderem vor, dass künftig die krankenhaus-individuellen Personalkosten aus den Fallpauschalen herausgerechnet und gesondert vergütet werden. „Wir müssen davon wegkommen, dass die Krankenhäuser die pflegerisch Beschäftigten nur als Kostenfaktor betrachten. Der vorgelegte Gesetzentwurf leistet hier einen entscheidenden Beitrag.“

In punkto Personaluntergrenzen im Krankenhaus, die im Gesetzentwurf zunächst auf wenige, pflegeintensive Bereiche begrenzt waren, nun aber anhand von Personalquotienten auf den gesamten Krankenhausbereich ausgeweitet werden sollen, sieht der dbb Vize noch offene Fragen: „Wir stehen vor dem Problem, dass dem Pflegepersonal vorbehaltene Tätigkeiten derzeit noch gar nicht einheitlich definiert sind. Entsprechend ist die Zielrichtung zwar erfreulich, der beschrittene Weg jedoch nicht wirklich geeignet, um ein valides ‚Soll‘ an Personalbedarf zu ermitteln.“ Ausdrücklich zu begrüßen seien hingegen die Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Pflege, Familie und Beruf. „Der vorgesehene eigenständige Rechtsanspruch auf eine stationäre Reha-Maßnahme für pflegende Angehörige unabhängig davon, ob zunächst eine ambulante Behandlung erfolgte, spiegelt genau unsere Forderung wider“, so Geyer.

 

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