• Peter Müller, Richter des Bundesverfassungsgerichts a.D. und Ministerpräsident des Saarlands a.D.

dbb Jahrestagung 2024

Müller über Rechtsstaat: Es besteht Handlungsbedarf

Der Bundesverfassungsrichter a. D. Peter Müller ist überzeugt, dass es in den meisten Politikbereichen in Deutschland kein Regelungs-, sondern ein Vollzugsdefizit gibt.

Um das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in Staat und Demokratie zu stärken, müsse dem Rechtsstaat wieder mehr Geltung verschafft werden, hier bestehe Handlungsbedarf.  „Wir brauchen keine neuen Regelungen – im Gegenteil, teilweise haben wir eher zu viele“, sagte Müller, der nicht nur Richter am Bundesverfassungsgericht, sondern zuvor auch Ministerpräsident des Saarlandes war, am 9. Januar 2024 bei der dbb Jahrestagung. Wichtig sei aber, dass die Regelungen auch für alle gelten würden. „Das Gewaltmonopol des Staats etwa ist nur glaubwürdig, wenn Recht auch durchgesetzt wird.“

Gegen das derzeitige Vollzugsdefizit helfe nur eine angemessene Personalausstattung sowie ordentliche Bezahlung im öffentlichen Dienst. „Das Bundesverfassungsgericht hat unter seinem ehemaligen Präsidenten Andreas Voßkuhle klare Regeln für die amtsangemessene Alimentation aufgestellt. Trotzdem liegen in Karlsruhe 40 Vorlagen zum Thema“, so Müller und forderte, dass sich Politik hier und etwa auch in Haushaltsfragen an das geltende Recht hält. „Auch der Gesetzgeber muss sich an die Verfassung halten“, mahnte Müller. Mit Blick auf die zuletzt zahlreichen Demonstrationen ergänzte er: „Die Meinungsfreiheit und das Versammlungsrecht müssen der Demokratie heilig sein. Aber auch hier muss Recht und Gesetz konsequent Anwendung finden, das gilt natürlich ebenso für die ‚Letzte Generation‘ wie für die Bauern.“  

Um die Identifikation gerade junger Menschen mit dem Staat zu stärken, kann sich der ehemalige Bundesverfassungsrichter eine allgemeine Dienstpflicht vorstellen. Müller: „Ich halte das für durchaus attraktiv, um das demokratische Gemeinwesen zu stärken.“ So können Heranwachsenden auch vermittelt werden, dass das Leben in einer freiheitlichen Gesellschaft auch ein Bemühen um ihren Erhalt erfordert.

 

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