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    Auf der 19. Frauenpolitischen Fachtagung diskutieren die dbb frauen mit Expertinnen und Experten über Extremismus.
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19. Frauenpolitische Fachtagung

Sexismus und Extremismus? Wir stellen uns dagegen!

Die Bedrohungen für Demokratie und Frauenrechte nehmen zu. Die dbb frauen halten dagegen.

„Extremismus bedroht nicht nur abstrakt unsere Demokratie, sondern ganz konkret die Lebensrealität und Rechte von Frauen. Es ist ein Angriff auf Autonomie, auf Sichtbarkeit, auf Teilhabe.“, betonte Milanie Kreutz, Vorsitzende der dbb bundesfrauenvertretung und stellvertretende dbb Bundesvorsitzende auf der 19. Frauenpolitischen Fachtagung am 15. Mai 2025 in Berlin. „Wer Frauenrechte einschränkt, schränkt Grundrechte ein – und bedroht damit das Fundament unserer offenen Gesellschaft“, erklärte Kreutz. Wer etwa in islamistischen Strukturen lebe oder in rechtsextremen Netzwerken aktiv sei, wisse: „Gleichstellung ist dort kein Ziel, sondern ein Feindbild. Das ist Ausdruck eines demokratiefeindlichen Denkens, das Vielfalt nicht als Stärke begreift, sondern als Bedrohung.“ Dieses Denken wolle autoritär zurück in eine Gesellschaft, in der Frauen wissen, wo ihr Platz ist, und Minderheiten am Rand bleiben. Kreutz machte deutlich: „Dem stellen wir uns entgegen. Als dbb. Als Zivilgesellschaft. Als Demokratinnen und Demokraten.“ 

Volker Geyer, stellvertretender dbb Bundesvorsitzender und Fachvorstand Tarifpolitik ergänzte auf der Veranstaltung: „Die im Grundgesetz festgeschriebene Gleichberechtigung von Frauen und Männern ist kein Selbstläufer. Daher werden wir als gewerkschaftliche Spitzenorganisation für den öffentlichen Dienst immer unseren Beitrag dazu leisten, dass die freiheitliche Demokratie in unserem Land und in Europa gewahrt und vor Angriffen von innen wie von außen geschützt wird.“ Der dbb Vize berichtete, dass sich die Kolleginnen und Kollegen mit zunehmender Gewaltbereitschaft und wachsender Akzeptanz demokratiefeindlicher Einstellungen konfrontiert sehen. „Spaltungsversuche, Hass und Hetze oder auch Verschwörungstheorien helfen da nicht weiter, sondern schaden vielmehr und schaffen Unsicherheit und Misstrauen. Die Stärkung und Verteidigung von Freiheitsrechten sind ein hohes Gut und das Gebot der Stunde! Die Kolleginnen und Kollegen des öffentlichen Dienstes tun dies jeden Tag, an jedem Ort!“, betonte Geyer. 

Merkel: Wachsame Demokratie statt AfD-Verbot

Als einer der profiliertesten Demokratieforscher im deutschsprachigen Raum sprach sich Prof. Dr. Wolfgang Merkel in seinem Impulsvortrag differenziert gegen ein Verbot der AfD aus. Aus seiner Sicht würde ein Parteiverbot einen tiefgreifenden Eingriff in das demokratische Prinzip der politischen Pluralität darstellen und sowohl pragmatische als auch normative Probleme nach sich ziehen. Auch wenn die AfD in Teilen verfassungsfeindliche Positionen vertrete, sei ein Verbot selbst ein Akt der Illiberalität – also ein Mittel, das dem Geist einer offenen Demokratie widerspricht. Eine liberale Demokratie verteidige sich nicht, indem sie selbst illiberale Maßnahmen ergreift. Voran stellte er die Beobachtung, dass im Zuge des weltweit erstarkenden Rechtspopulismus immer mehr emanzipatorische Erfolge zurückgedreht werden beziehungsweise werden sollen – ein Aspekt, der sich auch in der ambivalenten Haltung der AfD zur Frauenrolle in der Gesellschaft widerspiegelt. „Dennoch ist bislang nichts im Parteiprogramm der AfD nicht verfassungskonform.“  Vor dem Hintergrund dieser Erkenntnis skizzierte Merkel, dass ein Parteiverbot die tief liegenden sozialen und politischen Ursachen des AfD-Erfolgs nicht beseitigen, sondern von ihren Anhängern sogar als Bestätigung ihrer Erzählung von einer „Systemverschwörung“ wahrgenommen werden würde.

Merkel wies darüber hinaus auf die strengen rechtlichen Hürden für ein Parteiverbot hin, dessen Verfahren nicht nur langwierig, sondern auch riskant sei, indem ein Scheitern der AfD weiteren politischen Rückenwind verleihe. Wäre ein Verbotsverfahren hingegen erfolgreich, würden damit die zugrundeliegenden gesellschaftlichen Einstellungen nicht verschwinden: Politische Heimatlosigkeit könnte in weitere Radikalisierung münden. Die Problematik sei nur lösbar, wenn die etablierten Parteien liefern, die Ursachen für die Unzufriedenheit vieler Bürger ernst nehmen und glaubwürdige Antworten auf Fragen zu Migration, sozialer Gerechtigkeit, Repräsentation und politischer Effizienz anbieten. „Der Erfolg der AfD ist das Symptom nicht gelöster Probleme“, so Merkel, der darüber hinaus nicht „die Wahl“ als „größten Moment der Demokratie“ betrachtet, sondern „die Abwahl, die für die abgewählten Parteien mit einem Lerneffekt verbunden sein sollte. Den sehe ich derzeit aber leider nicht.“

Niendorf: Wer Ressentiments hegt, sieht sich oft als Opfer gesellschaftlicher Entwicklungen

Zu Beginn ihres Vortrages nannte Johanna Niendorf, Wissenschaftlerin am Else-Frenkel-Brunswik-Institut für Demokratieforschung der Universität Leipzig einige erschreckende, aber in der Gesellschaft verbreitete Beispiele für antifeministische Positionen:

  • „Frauen machen sich in der Politik häufig lächerlich.“
  • „Frauen, die mit ihren Forderungen zu weit gehen, müssen sich nicht wundern, wenn sie wieder in ihre Schranken gewiesen werden.“
  • „Frauen übertreiben ihre Schilderungen über sexualisierte Gewalt häufig, um Vorteile aus der Situation zu schlagen.“

 „Insbesondere im Osten stoßen sie auf Zustimmung“, erklärte Niendorf in ihrem Vortrag. Unter dem Titel „Frauenrechte und Demokratie unter Beschuss: die Bedrohung durch Antifeminismus und Autoritarismus“ beleuchtete sie unter anderem Erscheinungsformen und Ursachen von frauenverachtenden Haltungen. Autoritarismus und Antifeminismus sind eng miteinander verschränkt, sagte Niendorf. Menschen, die entsprechende Ansichten vertreten, ginge es oft darum, psychische Bedürfnisse zu befriedigen oder Gefühle zu bewältigen – „bewältigt wird dadurch faktisch gar nichts, aber sie fühlen sich besser“, berichtete die Wissenschaftlerin. Ressentiments, die dieses Empfinden auslösen, beruhen oft auf Kränkungserfahrungen. Wer Ressentiments hegt, sehe sich oft als Opfer gesellschaftlicher Entwicklungen. In diesem Zusammenhang spricht die Forschung vom sogenannten „Radfahrersyndrom“. Dies bedeutet vereinfacht: „Nach oben buckeln, nach unten treten.“

Besonders oft treten antifeministische Positionen im Zusammenspiel mit dogmatisch-fundamentalistischer Religiosität, Rechtsextremismus und einem gewaltbereiten Männlichkeitsideal auf, so Niendorf. Weitere Einflussfaktoren seien soziale Dominanzorientierung, Autoritarismus und eine Verschwörungsmentalität. In der Praxis gingen antifeministische Orientierungen oft mit einer Aufspaltung in vermeintlich „gute“ und „böse“ Frauen einher. Letztere seien emanzipiert, würden Karriere machen und Führungspositionen bekleiden. „Gute“ Frauen hingegen, das seien in den Augen der Antifeministen die, die das Bild der Hausfrau verkörpern, die für ihren Mann und seine Bedürfnisse da sind. Niendorfs ironischer Kommentar, der im Publikum für Schmunzler sorgte: „Immerhin können Antifeministen nicht alle Frauen hassen, denn für diesen Posten der ‚guten Frauen‘ werden auch Frauen gebraucht.“

Kaluza: Angriffe auf Gleichstellung und weibliche Selbstbestimmung sind im Kern antidemokratisch

Katharina Kaluza vom Deutschen Frauenrat sprach in ihrem Impulsvortrag über "Die Auswirkungen von Antifeminismus: Demokratie-Empowerment als Gegenstrategie". Auch in den 62 Mitgliedsverbänden, deren Dachorganisation der Deutsche Frauenrat ist, ist der Antifeminismus ein ernstes und in seiner Bedeutung nicht zu unterschätzendes Thema. „Es brennt“, fasste Kaluza die Erfahrungen aus der mit 11 Millionen Mitgliedern größten deutschen Frauenorganisation zusammen. Antifeminismus und Angriffe auf die Gleichstellung seien inzwischen ein Schwerpunktthema im Frauenrat und ein eigener Fachausschuss befasse sich mit dem Thema: „Demokratie verteidigen. Antifeminismus konsequent entgegentreten. Demokratische Wahlentscheidungen unterstützen.“ Schon seit 2020 beobachte der Dachverband die „Auswirkungen von Antifeminismus auf Frauenorganisationen“. Zentral ist aus Kaluzas Sicht der Angriff auf Grund- und Menschrechte, der die Demokratie gefährde, und die Tendenz, dass durch die Massivität der Angriffe auf regionaler, nationaler wie auf internationaler Ebene antifeministische, wie auch rassistische und querfeindliche Positionen zur Normalität würden.

Persönlich Angegriffene, auch aus dem Frauenrat selbst, müssten sich anstatt mit der eigentlichen Arbeit mit den antifeministischen Positionen und ihrer Bekämpfung beschäftigen. Zudem würden Drohungen das zivilgesellschaftliche Engagement der Betroffenen einschränken. Die eigene Arbeit würde in Frage gestellt und es käme zu einem Vertrauensverlust, wenn der Versuch, Angriffen mit rechtsstaatlichen Mitteln zu begegnen, scheitere. Als Gegenstrategie empfiehlt Katharina Kaluza, sich zunächst klarzumachen, dass Angriffe auf Gleichstellung und weibliche Selbstbestimmung im Kern antidemokratisch seien. Zudem müsste in Schulen, Hochschulen aber auch in Betrieben intensiver für antifeministische Strategien sensibilisiert und diese enttarnt werden. Betroffene sollten gestärkt werden: „Ihr seid nicht allein.“ Gegen den sich auch transnational vernetzenden Antifeminismus helfe nur Netzwerken, empfahl Kaluza und zitierte zum Abschluss die polnische Gleichstellungsministerin Katarzyna Kotula: „Don’t panic, organize!“

Fishbowl-Diskussion: Wie lassen sich Frauenrechte in Zeiten von extremistischen Gegenwind stärken?

Im Format der Fishbowl-Diskussion hatten die Teilnehmenden Gelegenheit, den Referentinnen und Referenten Fragen zu stellen und mit ihnen zu diskutieren. Das Panel der Diskussion bestand aus Milanie Kreutz, Katharina Kaluza, Johanna Niendorf und Prof. Dr. Wolfgang Merkel.

In der Diskussion wies Merkel unter anderem auf den Zusammenhang zwischen Bildungsqualität und sozialen Strukturen hin: Grundpfeiler des späteren Sozialverhaltens werden bereits in der frühkindlichen Bildung gesetzt. Hapere es bereits dort an Bildungsqualität aufgrund mangelnder Finanzierung und fehlender Fachkräfte, schlage sich das oft in späteren Verhaltensweisen oder soziokulturellen Überzeugungen nieder. „Wir müssen zum Beispiel den Mut haben, über neue Finanzierungsmodelle nachzudenken“, sagte Merkel mit Blick auf die akademische Ausbildung, zum Beispiel, indem später gutverdienende Akademikerinnen und Akademiker, die kostenlos studiert haben, einen zweckgebundenen Sonderbeitrag leisten. „Wir waren und sind zu schlecht in der Finanzierung von Bildung, und es muss dringend mehr investiert werden.“

Kaluza betonte, dass mit der Verabschiedung des Gewalthilfegesetzes im Februar, das einen Rechtsanspruch auf einen Frauenhausplatz festschreibt, ein „wirklicher Schritt“ gemacht worden sei, um Frauen wirksam vor Gewalt zu schützen. Zudem verwies sie auf Pläne der neuen Bundesregierung im Koalitionsvertrag, besser vor digitaler Gewalt zu schützen. Die Gleichstellung auch in der Bildung voranzubringen und traditionelle Rollenbilder in Frage zu stellen, nannte Kaluza ein wirkungsvolles Mittel gegen den Fachkräftemangel, das priorisiert werden müsse, um die Handlungsfähigkeit des Staates auf Dauer aufrechtzuerhalten. „Das wirkt sich fundamental auf das Leben so vieler Menschen aus.“ Auf die Frage, wie das gute Leben für alle zu erringen sei, plädierte Kaluza dafür, solidarisch zu agieren. „Gleichstellung ist kein ‚Nice to have‘. Sie ist gut für alle und ein Weg aus der Krise.“

Was muss passieren, um Männer als Verbündete für den Feminismus zu gewinnen? Niendorf verwies darauf, dass sich viele junge Männer in einer widersprüchlichen Position befänden. Einerseits ginge es ihnen darum zu zeigen, wie stark sie ihr Leben unter Kontrollen haben, dass sie sportlich und beruflich erfolgreich sind. Kurzum: Es geht ihnen darum, sich zu beweisen. Dieses Bild der sogenannten „Retraditionalisierung“ würden viele junge, männliche Influencer in den sozialen Medien verkörpern. Gleichzeitig gilt: Die Betroffenen seien in anderen Lebensbereichen von Frauen abhängig, betonte Niendorf, und resümierte: „Mein Plädoyer wäre, ein größeres Bewusstsein für gegenseitige Abhängigkeiten zu schaffen“ – denn die Realität sei nicht so eindimensional, wie von den besagten Influencern dargestellt.

Hintergrund: Die jährliche Frauenpolitische Fachtagung der dbb bundesfrauenvertretung fand dieses Jahr unter dem Motto „Richtung Zukunft: Frauenrechte stärken und Demokratie bewahren im Kampf gegen Extremismus und Populismus“ in Berlin statt. Gemeinsam mit renommierten Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Politik und Zivilgesellschaft wurden die aktuellen Herausforderungen und diskutieren Strategien zur Stärkung von Frauenrechten und demokratischen Strukturen beleuchtet. 

 

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