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Frauenrechte und Gleichstellung in Krisenzeiten

Ukraine-Krieg unterstreicht Dringlichkeit einer feministischen Außenpolitik

Vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen in der Ukraine fordern die dbb frauen eine Außenpolitik, die Frauen besser vor Kriegsfolgen schützt.

„Es sind vor allem Frauen und Kinder, die zu Tausenden aus dem ukrainischen Kriegsgebiet zu uns kommen. Sie brauchen jetzt unseren Schutz und jede Unterstützung, die wir aufbringen können. Die große Solidarität mit den Geflüchteten zeigt deutlich die Stärke unserer demokratischen Gesellschaft und den Zusammenhalt, der in Europa besteht“, betonte dbb frauen Chefin Milanie Kreutz am 18. März 2022 auf dem Treffen der Hauptversammlung der dbb bundesfrauenvertretung in Berlin.

Patriarchalen Regimen, die Machtbestreben über das Wohl der Bevölkerung stelle, müsse die Bundesregierung als demokratisch gewählte Volksvertretung mit einer klaren Haltung entgegentreten. Dazu gehöre es auch, die Interessen und Belange der weiblichen Bevölkerung mehr Gewicht zu geben, indem Frauen stärker in außen- und sicherheitspolitische Entscheidungen einbezogen werden. „Der Krieg in der Ukraine unterstreicht die Dringlichkeit einer feministischen Außenpolitik“, so Kreutz.

Corona-Pandemie wirft Gleichstellung zurück

Die Ukraine-Krise dürfe aber auch die negativen Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Fortschritte der Gleichstellung nicht überlagern, mahnte Kreutz. „Die Pandemie hat die Ungleichheit von Männern und Frauen tendenziell verstärkt. Das Engagement der Väter in den Familien nimmt mit den zunehmenden Lockerungen der Corona-Maßnahmen wieder ab. Der Corona-Gleichstellungseffekt, den der Lockdown und die Homeoffice-Verpflichtung zunächst ausgelöst haben, ist schon jetzt fast vollständig verpufft. Daran sehen wir, wie stark Rollenklischees wirken und wie sehr die Organisation unserer Arbeitswelt das männliche Ernährermodell strukturell stützt“, betonte Kreutz. Ihre Kritik fußt auf aktuellen Ergebnissen einer Online-Panelbefragung des Instituts- für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Danach beteiligten sich Väter zu Beginn der Pandemie stärker an der Sorgearbeit. Dennoch leisteten Frauen weiterhin den weitaus größeren Anteil der Sorgearbeit, auch wenn der Anstieg für Väter stärker ausgefallen ist als für Mütter. Zudem schwächte sich dieser Effekt im Verlauf der Pandemie wieder ab. Dies spreche dafür, dass die beobachtete Ausweitung ihres Engagements eher aus der Notwendigkeit geboren war, so das Fazit der Studienauswertung.

Diese Erkenntnisse müssten politische Entscheidungsträgerinnen und -träger jetzt zum Handeln bewegen. „Mütter waren während der Lockdown-Phase sehr viel stärker belastet als Männer. Zudem haben vor allem Männer, die in Kurzarbeit waren, ihr Betreuungsengagement raufgefahren. Das zeigt auch, dass die, die nicht mussten oder nicht konnten, nichts an ihrem Verhalten geändert haben. Die Beharrungskräfte der männlich geprägten Arbeitszeitpolitik, die sich an der 40-Stunden-Woche plus Überstunden orientiert, haben weiter Bestand“, mahnte Kreutz.

Die dbb frauen fordern deshalb von der Politik eine gleichstellungsorientierte Zeitpolitik, die eine faire Verteilung von Erwerbs- und Sorgelasten zum Ziel hat. „Nur, wenn wir Erziehung und Pflege auch als Teil unserer wirtschaftlichen Produktivität anerkennen und die Zeiten, die vor allem Frauen dafür aufwenden, in die volkswirtschaftliche Rechnung aufnehmen, erhalten wir ein realistisches Bild, welchen Beitrag die Menschen in unserem Land tatsächlich zur Wirtschaft und deren Wachstum beitragen. Ohne die Zeit, die aktuell vor allem Frauen und Mütter, für die Familienorganisation aufwenden, wäre eine 40-Stunden-Woche gar nicht machbar. Für die meisten Frauen, insbesondere für Alleinerziehende, ist sie das auch nicht. Unsere aktuelle Arbeitszeitpolitik besteht keinen Gleichstellungs-Check. Für eine gleichberechtigte Gesellschaft brauchen wir in allen Branchen, und hier habe ich vor allem auch die operativen Bereiche der öffentlichen Verwaltung im Fokus, vielfältigere Arbeitszeitkonzepte, die es Männern und Frauen gleichermaßen ermöglichen für die Familie zu sorgen – finanziell, aber eben auch persönlich und ganz privat.“

dbb Gewerkschaftstag: Antragsberatungen zur frauenpolitischen Agenda

Neben der Einordnung des aktuellen Krisengeschehens standen die Antragsberatungen zum dbb Gewerkschaftstag, der im November 2022 stattfinden wird, auf der Agenda der Hauptversammlung. Beratungsgegenstand waren die Anträge der Frauenvertreterinnen aus den dbb Mitgliedsorganisationen zu aktuellen frauenpolitischen Fragestellungen rund um den öffentlichen Dienst, unter anderem die Ausgestaltung einer gleichstellungswirksamen Krisenpolitik, die faire Verteilung von beruflicher und privater Sorgearbeit, Verbesserungen der Altersabsicherung von Frauen, die geschlechtergerechte Familienbesteuerung sowie die Förderung von zeitgemäßen Führungskonzepten und einer gendersensiblen Leistungsbewertung im öffentlichen Dienst.

 

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