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Gender Pay Gap

Gleichstellung am Arbeitsmarkt: Arbeitgebende müssen dringend handeln

Neue Zahlen des Statistischen Bundesamtes zeigen, dass Frauen im Jahr 2023 in Deutschland durchschnittlich 18 Prozent weniger verdienten als Männer. Diese Lücke gehört geschlossen.

Michaela Neersen, stellvertretende Vorsitzende der dbb bundesfrauenvertretung kritisiert den anhaltenden Lohnunterschied: „Trotz des Fortschritts in vielen Bereichen der Gleichstellung bleibt der unbereinigte Gender Pay Gap unverändert. Politik und Arbeitgebende müssen jetzt dringend handeln, wenn wir echte Gleichstellung auf dem Arbeitsmarkt erreichen wollen. Das erfordert konkrete Maßnahmen, um Berufe, in denen vorwiegend Frauen tätig sind, aufzuwerten und Frauen den Zugang zu höher bezahlten Positionen zu erleichtern.“ Ein wesentlicher Teil der Verdienstlücke sei darauf zurückzuführen, dass Frauen häufiger in schlechter bezahlten Branchen, Berufen und Anforderungsniveaus arbeiten und häufiger in Teilzeit oder geringfügiger beschäftigt seien, erklärt Neersen. „Die dbb frauen setzen sich schon lange für mehr Frauen in Führungspositionen ein. Der öffentliche Dienst soll dabei ein Vorbild für die Privatwirtschaft sein.“ Erst einen Tag zuvor hatte das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung Zahlen veröffentlicht, wonach die Vorstände der 200 umsatzstärksten Unternehmen nur zu rund 18 Prozent von Frauen besetzt waren.

Im öffentlichen Dienst wie in der Privatwirtschaft spielten Tarifverträge eine wichtige Rolle bei der Förderung von Gerechtigkeit und Transparenz in der Bezahlung, macht Neersen deutlich. „Doch auch sie stoßen an ihre Grenzen, wenn es um die tieferliegende Frage der Gleichwertigkeit von Arbeit geht. Sie standardisieren zwar Gehälter und Arbeitsbedingungen, können aber die historisch gewachsenen Wertvorstellungen über 'Frauenberufe' und 'Männerberufe' nicht alleine überwinden. Es bedarf eines umfassenden kulturellen Wandels, um die tief sitzenden Vorurteile und Strukturen, die zu Ungleichheiten führen, zu beseitigen.“ Die dbb frauen betonen die Notwendigkeit, Berufe im Gesundheits-, Erziehungs- und Sozialwesen aufzuwerten, um eine echte Gleichwertigkeit der Arbeit von Frauen und Männern im öffentlichen Dienst zu erreichen. Neersen betont: „Eine Erzieherin, die tagtäglich die Verantwortung für die soziale und kognitive Entwicklung sowie das Wohlergehen von Kindern übernimmt, verdient oft weniger als viele andere Berufe im öffentlichen Dienst mit geringerer sozialer Verantwortung. Diese Diskrepanz in der Bezahlung zeigt, dass es noch viel zu tun gibt, um die monetäre Anerkennung dieser essenziellen Berufe an ihre gesellschaftliche Bedeutung anzupassen.“

Deutlicher Unterschied zwischen Ost und West

In Ostdeutschland ist der Gender Pay Gap mit 7 Prozent deutlich geringer als in Westdeutschland (19 Prozent). „Frauen haben in Ostdeutschland seit Jahrzehnten eine stärkere Präsenz in der Arbeitswelt als in Westdeutschland“, erklärt Neersen. „Ostdeutsche Frauen arbeiten deutlich seltener in Teilzeit: nur etwa 33 Prozent gegenüber rund 48 Prozent in Westdeutschland. Die geringere Lohnlücke in Ostdeutschland verdeutlicht, dass gleichberechtigte Arbeitsmarktintegration der wesentliche Faktor für die Verringerung der Einkommensunterschiede ist“, betont Neersen. Destatis hatte zwei Tage zuvor Zahlen zu den Geschlechterunterschieden bei Voll- und Teilzeit veröffentlicht. Demnach gaben 29 Prozent der in Teilzeit arbeitenden Frauen die Betreuung von Angehörigen als Grund für die Reduzierung der Arbeitszeit an. „Es ist unabdingbar, dass wir in unserer modernen Arbeitswelt die Türen für gleiche Karrierechancen sowohl für Teilzeit- als auch Vollzeitbeschäftigte weit öffnen“, hatte sich Neersen am 16. Januar zu den Zahlen geäußert. „Dies erfordert einen Wandel weg von der Präsenzkultur hin zu einer ergebnisorientierten Kultur.“

Hintergrund

Das Statistische Bundesamt hat am 18. Januar 2024 die aktuellen Zahlen zum Gender Pay Gap in Deutschland vorgelegt. Der unbereinigte Gender Pay Gap ist seit Beginn der Messung im Jahr 2006 von 23 Prozent auf 18 Prozent gesunken, wo er seit 2020 unverändert verharrt. Der bereinigte Gender Pay Gap, welcher Unterschiede in Qualifikationen, Tätigkeiten und Erwerbsbiografien berücksichtigt, beträgt 6 Prozent.

 

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