Vereinbarkeit von Pflege und Beruf

Pflege muss sich lohnen

Bessere Bedingungen für die häusliche Pflege hat der dbb Bundesvorsitzende Ulrich Silberbach zum Europäischen Tag der pflegenden Angehörigen gefordert.

„Wer sich kümmert, sollte dafür belohnt werden. Doch das Gegenteil ist der Fall: Wer Angehörige pflegt, erhöht sein Risiko, arm zu werden. Dagegen können nur strukturelle Lösungen helfen. Aus unserer Sicht ist die Einführung einer Lohnersatzleistung für Menschen, die privat pflegen, ein sozialpolitisch zwingender Baustein – vor allem angesichts der kriegs- und krisenbedingten Teuerung der Lebenshaltungskosten“, mahnte dbb Bundesvorsitzender Ulrich Silberbach am 6. Oktober 2022, dem Europäischen Tag der pflegenden Angehörigen.

Wie eine solche steuerfinanzierte Entgeltersatzleistung für pflegende Angehörige aussehen sollte, hatte der vom Bundesfamilienministerium eingesetzte unabhängige Beirat zur Vereinbarkeit von Pflege und Beruf – in dem der dbb Mitglied ist – bereits Ende August 2022 in einem Bericht vorgestellt. Auch dbb frauen und dbb senioren unterstützen eine entsprechende Umsetzung noch in dieser Legislaturperiode.

dbb senioren: Lösungen für Langzeitpflegende fehlen

Bisher fehlen laut Horst Günther Klitzing, Vorsitzender der dbb senioren, vor allem Regelungen, die gerade langzeitpflegende Angehörige vor Altersarmut schützen. „Pflegende Angehörige sind nicht nur die größte Stütze der Pflegeversicherung in Deutschland, sondern auch die am schlechtesten bezahlten Pflegekräfte. Und kritisch wird das vor allem dann, wenn die Pflegenden selbst hilfebedürftig werden. Denn obwohl für die Pflege als Angehöriger Versicherungsbeiträge je nach Höhe des Pflegegrades und aufgewendeter Zeit an die Rentenversicherung abgeführt werden, spielt das für die spätere Rente kaum eine Rolle“, warnte Klitzing.

dbb frauen: Pflege bringt vor allem Frauen in finanzielle Not

Dieses Schicksal treffe vor allem Frauen im Alter hart, verdeutlichte dbb frauen Chefin Milanie Kreutz einmal mehr. „In mehr als 70 Prozent der Fälle werden Pflegebedürftige zu Hause in der Hauptsache von Frauen versorgt, oft genug zusätzlich zu Berufstätigkeit, Kinderbetreuung und Haushalt. Viele schrauben dann ihre Arbeitszeiten herunter. In der Folge reduzieren sich ihre Ansprüche auf Alterssicherung. Vielen bleibt im Ruhestand dann nur noch das Existenzminimum“, so Kreutz. Zudem verschärften steigende Energiekosten, hohe Mieten und zunehmende Lebensmittelpreise die finanzielle Not vieler pflegender Frauen. „Dass ausgerechnet diejenigen, die anderen im Alter unter die Arme greifen, am stärksten von Altersarmut betroffen sind, können und dürfen wir als Gesellschaft nicht akzeptieren“, mahnte Kreutz.

Hintergrund

Schätzungsweise rund 4,1 Millionen Menschen sind in Deutschland aktuell pflegebedürftig. Rund 80 Prozent von ihnen werden zu Hause versorgt, davon 2,1 Millionen ausschließlich durch ihre Angehörigen. Jeder fünfte pflegende Angehörige ist laut einer aktuellen Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) im Auftrag des Sozialverband VdK von Armut bedroht. Bei pflegenden Frauen liegt der Anteil bei rund einem Viertel (24 Prozent). Zum Vergleich: Das Armutsrisiko beläuft sich im Bundesdurchschnitt auf 16 Prozent.

 

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