Öffentlicher Dienst von Bund und Kommunen

Tausende Beschäftigte protestieren für höhere Einkommen

Beschäftigte von Bund und Kommunen haben bundesweit bei Warnstreiks und Demonstrationen die Arbeitgebenden aufgefordert, endlich ein ordentliches Angebot vorzulegen.

Am 23. März 2023 folgten alleine dem Aufruf des dbb zu drei Großdemonstrationen in Gelsenkirchen, Nürnberg und Saarbrücken über 17.000 Beschäftigte. Sie forderten vor der letzten geplanten Runde der Tarifverhandlungen am Anfang der kommenden Woche in Potsdam erneut um 10,5 Prozent, mindestens 500 Euro höhere Einkommen.

Der dbb Bundesvorsitzender Ulrich Silberbach appellierte in Gelsenkirchen vor über 10.000 Teilnehmenden an die Arbeitgebenden, „die vorerst letzte Chance zur Einigung“ nicht ergebnislos verstreichen zu lassen. „Wir können nur hoffen, dass auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser und die Präsidentin der kommunalen Arbeitgeber Karin Welge erkannt haben, dass ihr Angebot aus der zweiten Runde nicht ausreicht, um den öffentlichen Dienst attraktiv zu gestalten, Fachkräfte zu gewinnen und den Beschäftigten endlich Wertschätzung zu zeigen“, machte der dbb Chef deutlich. „Wir brauchen echte Lösungen, und wir brauchen sie eigentlich gestern. Anstatt sich also weiter stur zu verweigern, sollten sich die Arbeitgebenden endlich in Bewegung setzen und einen Schritt auf uns zukommen.“

Matthäus Fandrejewski, Vorsitzender der dbb jugend, kritisierte in Gelsenkirchen: „Unsere Forderungen nach einer Entgelterhöhung für Auszubildende und Anwärter und Anwärterinnen um 200 Euro sowie die unbefristete Übernahme von Azubis haben die Arbeitgebenden komplett ignoriert.“ Die Zukunft des öffentlichen Dienstes und damit auch des Staates sei aber abhängig von gut ausgebildeten Nachwuchskräften. „Wie sollen die gefunden und vor allem gebunden werden, wenn das Entgelt gerade für die Miete reicht und die Übernahme ungewiss ist? Wir erwarten von den Arbeitgebenden, dass sie endlich aufhören, über Wertschätzung zu sprechen und diese endlich leben.“

In Nürnberg versammelten sich über 2.500 Beschäftigte zu einem Demonstrationszug und einer Kundgebung. „Der Frust bei den Kolleginnen und Kollegen ist groß – und das völlig zu Recht“, sagte der dbb Tarifchef Volker Geyer. „Das Alibi-Angebot, dass Bundesinnenministerin Nancy Faeser und die Präsidentin der kommunalen Arbeitgeber Karin Welge in der letzten Runde vorgelegt haben, hätte angesichts der hohen Inflation für die Beschäftigten sogar Reallohnverluste bedeutet. Das ist nicht nur respektlos gegenüber den Beschäftigten und ihrer Leistung gerade in diesen Krisen-Jahren, das ist auch kurzsichtig angesichts des jetzt schon eklatanten Personalmangels.“

Der Vorsitzende des Bayerischen Beamtenbundes (BBB) Rainer Nachtigall wies in Nürnberg auf die weitergehende Bedeutung des angestrebten Tarifabschlusses hin: „Das Ergebnis muss ohne Wenn und Aber auf die Beamtinnen und Beamten des Bundes übertragen werden. Außerdem wird das Ergebnis auch ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur Einkommensrunde mit den Ländern sein, die im Herbst ansteht. Wir brauchen endlich ordentliche Investitionen in den gesamten öffentlichen Dienst von Bund, Ländern und Kommunen, in Beamtinnen und Beamte sowie Tarifbeschäftigte. Eine funktionierende Daseinsfürsorge, die etwa Bildung, Gesundheit und Sicherheit für alle garantiert, gibt es eben nicht zum Nulltarif.“

Ewald Linn, Landesvorsitzender des dbb saar, unterstrich bei einer Kundgebung in Saarbrücken vor den 5.000 Teilnehmenden: „Die Beschäftigten geben alles dafür, dass die öffentliche Daseinsvorsorge in diesem Land für alle funktioniert. Durch die falsche Sparpolitik der vergangenen Jahre fehlen heute schon über 360 000 Beschäftigte, weil die Jobs im öffentlichen Sektor für viele Fachkräfte im Vergleich zur Privatwirtschaft nicht attraktiv genug sind. Um genügend Nachwuchs- und Fachkräfte zu gewinnen, müssen die Einkommen deshalb dringend steigen.“ Linn empfahl Landräten und Bürgermeistern, sich hinsichtlich der Finanzierung und der Aufgabenverteilung im öffentlichen Dienst deutlicher gegenüber Bund und Ländern zu positionieren: „Gehen Sie ruhig mal selbst auf die Straße, wir unterstützen Sie dabei gerne.“

Bereits an den Vortagen gab es Aktionen in Berlin, Dresden und Hamburg. IN der Hauptstadt sprach neben dem dbb Bundesvorsitzenden auch Dieter Dewes, Bundesvorsitzender des BDZ Deutsche Zoll- und Finanzgewerkschaft. Er richtete im Namen der vielen Beamtinnen und Beamten, die sich an der Demo vor dem Bundesinnenministerium beteiligt haben, einen Appell direkt an Nancy Faeser, sich intensiver für eine Einigung zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebenden einzusetzen. „Eins muss dabei ganz klar sein: Diese Tarifverhandlungen sind nur der erste Schritt zu mehr Gerechtigkeit. In einem zweiten Schritt müssen die Ergebnisse dann ohne Abstriche auf die Besoldung und Versorgung des Bundes übertragen werden. Alle Beschäftigtengruppen haben hervorragendes geleistet und alle haben schwer unter der Inflation gelitten. Darum gilt ohne Abstriche auch für alle: 10,5 Prozent, mindestens 500 Euro. Das ist die Messlatte!“

In Dresden bekräftigte der stellvertretende Vorsitzende der dbb Bundestarifkommission Hermann-Josef Siebigteroth: „Die Nöte und Sorgen der Beschäftigten im öffentlichen Dienst wurden bislang ignoriert. Der schon jetzt kaputtgesparte öffentliche Dienst braucht keine weiteren Sonntagsreden mehr, sondern eine längst überfällige faire Bezahlung, eine Einstellungsoffensive zur Entlastung der Kolleginnen und Kollegen, Investitionen in die Infrastruktur der Dienststellen und den Verzicht auf weitere Einsparungen zulasten der Kolleginnen und Kollegen sowie der Bürgerinnen und Bürger.“

In Hamburg machte der dbb Landesvorsitzende Rudolf Klüver deutlich: „Wir sind es leid, immer und immer wieder als Bittsteller aufzutreten. Wir sind es leid, dass Arbeitgeber und Dienstherrn unsere gute Arbeit nicht oder kaum wertschätzen. Warum müssen wir zum Beispiel den Senat hier in Hamburg verklagen, um eine verfassungsgemäße Besoldung für die Beamten zu erhalten?“

Alle Informationen gibt es unter www.dbb.de/einkommensrunde.

 

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